unverletzt vor ihren König. Dieser befahl, einen großen Scheiter¬ haufen aufzurichten, und ließ den gefangenen Lyderkönig gefesselt auf jenen stellen und ihn anzünden. Hier auf dem Scheiterhaufen und im Angesichte eines entsetzlichen Todes siel ihm Solons Wort ein, daß 5 niemand glücklich zu nennen sei, der noch lebe, und er empfand, daß ihm das Wort damals nach göttlicher Fügung gesagt worden sei. Nachdem er bisher ganz stille gewesen war, seufzte er bei diesem Gedanken tief auf und sprach: „Solon, Solon, Solon!" Cyrus hörte den unbekannten Namen und befahl seinen Dolmetschern*, den Krösus 10 zu fragen, was das für ein Mann sei, dessen Namen er ausgesprochen habe. Anfänglich gab er keine Antwort. Als man aber stärker in ihn drang, sagte er: „Es ist ein Mann, den alle Gewalthaber hören sollten." Weil das noch keine genügende Auskunft war, wiederholte man dieselbe Frage noch dringender. Und so erzählte er endlich, 15 wie der Fremdling zu ihm gekommen sei und alle seine Herrlich¬ keit beschaut, sich aber nichts daraus gemacht habe; dann berichtete er, was er selbst zu dem Manne gesprochen und wie der ihm eine Lehre gegeben habe, die er jetzt erst als ganz wahr erkenne und die jeden Menschen, besonders aber alle angehe, die sich für glücklich hielten. 20 Als Cyrus von den Dolmetschern vernahm, was Krösus gesprochen hatte, reute ihn sein Verfahren gegen ihn. Er bedachte, daß auch er ein Mensch sei, der einen anderen bisher ebenso glücklich gewesenen Menschen lebend wollte verbrennen lassen, daß kein menschlicher Besitz und Stand bleibend sei und die Vergeltung auch über ihn kommen 25 könne. Daher befahl er, den schon an allen vier Ecken brennenden Scheiterhaufen zu löschen und Krösus herabzunehmen. Das geschah, und Cyrus fragte ihn, wer ihn überredet habe, als sein Feind auf- zutreten und gegen sein Land einen Angriff zu wagen. Krösus er¬ widerte: „Das habe ich getan, dir zum Glück und mir zum Schaden, 30 und die Schuld daran trägt der Gott der Griechen, der mir zum Kriege Mut gemacht hat; denn niemand ist so unverständig, daß ihm der Krieg lieber wäre als der Friede, da im Frieden die Kinder ihre Väter begraben, im Kriege aber die Väter ihre Kinder. So wie es eben gegangen ist, haben es die Götter gewollt." Cyrus entledigte ihn 35 der Fesseln, hieß ihn neben sich setzen und erwies ihm von da an viele Hochachtung, wogegen Krösus ihm und später seinem Sohne Kambyses ein treuer Ratgeber wurde. t »ot*.