Grimm. 187 Da faßte ihn der rechtschaffene Sennhirt von Glarus und klomm noch ein Stück Felsen hinauf, und manche Tritte gelangen ihm noch; aber plötzlich versiegte ihm der Atem, und tot sank er zu Boden. Und noch heutiges Tages wird das Grenzbächlein gezeigt, bis zu welchem der einsinkende Glarner den siegreichen Urner getragen habe. In Uri war große Freude ob ihres Gewinstes: aber auch die zu Glarus gaben ihrem Hirten die verdiente Ehre und bewahrten seine große Treue in steter Erinnerung. 128. Der Gemsjäger. Ein Gemsjäger stieg auf und kam zu dem Felsgrat, und immer weiter klimmend, als er je vorher gelangt war, stand plötzlich ein häßlicher Zwerg vor ihm, der sprach zornig: „Warum erlegst du mir lange schon meine Gemsen und lässest mir nicht meine Herde? jetzt sollst du's mit deinem Blute teuer bezahlen!" Der Jäger erbleichte und wäre bald hinabgestürzt, doch faßte er sich noch und bat den Zwerg um Verzeihung, denn er habe nicht gewußt, daß ihm diese Gemsen gehörten. Der Zwerg sprach : „Gut, aber laß dich hier nicht wieder blicken, so verheiß ich dir, daß du jeden siebenten Tag morgens früh vor deiner Hütte ein ge¬ schlachtetes Gemstier hangen finden sollst; aber hüte dich mir und schone die andern!" Der Zwerg verschwand, und der Jäger ging nach¬ denklich heim, und die ruhige Lebensart behagte ihin wenig. Am siebenten Morgen hing eine fette Gemse in den Ästen eines Baums vor seiner Hütte, davon zehrte er ganz ver¬ gnügt, und die nächste Woche ging's eben so und dauerte ein paar Monate fort. Allein zuletzt verdroß den Jäger- seine Faulheit, und er wollte lieber selber Gemsen jagen, möge erfolgen, was da werde, als sich den Braten zutragen lassen. Da stieg er auf, und nicht lange, so erblickte er einen stolzen Leitbock, legte an und zielte. Und als ihm nirgends der böse Zwerg erschien, wollte er eben losdrücken, da war