4 A. Erzählende Prosa. I. Erzählungen. von beiden über das, was sie aussagten, eine feste und feierliche Ver¬ sicherung geben und that hierauf folgenden Ausspruch: „Demnach, wenn der eine von euch achthundert Thaler verloren, der andere aber nur ein Päcklein mit siebenhundert Thalern gefunden hat, so kann auch das Geld des letztern nicht das nämliche sein, auf welches der erstere ein Recht hat. Du, ehrlicher Freund, nimmst also das Geld, welches du gefunden hast, wieder zurück und behältst es in guter Verwahrung, bis der kommt, welcher nur siebenhundert Thaler verloren hat. Und dir da weiß ich keinen bessern Rat als: du geduldest dich, bis derjenige sich meldet, der deine acht¬ hundert Thaler findet". So sprach der Richter, und dabei blieb es. 4. Das Kind und die Wölfe. Von Friedrich Jacobs. Schriften für die Jugend. Leipzig, 1843. Auf dem Riesengebirge war einmal eine arme Frau, die hfltte ein klei¬ nes Kind und auch eine große Herde. Die Herde aber war nicht der Frau, sondern sie Hütete sie nur. Und da faß sie einmal mit ihrem Kinde an dem Walde und gab dem Kinde Brei aus dem Napfe, und die Kühe weideten unterdessen auf dem Grase. In dem Walde waren böse Wölfe, und da die Kühe von dem Grase in den Wald gingen, wo es kühl war und auch viel Gras wuchs, dachte die Frau, der Wolf könnte kommen und die Kühe fressen. Da stand sie auf, gab dem Kinde den Napf mit dem Brei und einen hölzernen Löffel dazu und sagte.: „Da, Kindchen, nimm und iß! Nimm aber den Löffel nicht zu voll!" Und nun ging sie in den Wald und wollte die Kühe heraustreiben. Und wie nun das Kind so allein da saß und aß, kam eine große, große Wölfin aus dem Wald herausgesprungen und gerade auf das Kind los und faßte es mit den Zähnen hinten an der Jacke an und trug es in den Wald., Und da die Mutter wiederkam, war kein Kind mehr da, und der Napf lag auf der Erde, aber der Löffel lag nicht dabei; denn den hatte das Kind in der Hand festgehalten. Und wie das die Mutter sah, dachte sie gleich: das hat kein anderer gethan als der Wolf, und lief in das Dorf und schrie entsetzlich, daß die Leute herauskämen. Da kam ein Bote durch den Wald gegangen, der hatte sich verirrt und wußte nicht, wo er war. Und wie er so durch die Büsche geht und den Weg sucht, hört er etwas sprechen und denkt gleich: da müssen doch wohl Leute sein. Und es sagte immer: „Geh, oder ich geb' dir eins!" Und wie er nun die Büsche von einander macht und sehen will, was es ist, sitzt ein Kindchen auf der Erde und sechs kleine Mölschen drum herum, die fahren immer auf das Kind zu und schnappen ihm nach den Händen — aber die alte Wölfin war nicht dabei, die war wieder in den Wald gelaufen — und wenn ihm nun die Wölfchen nach dem Händchen schnap¬ pen, schlägt es sie mit dem hölzernen Löffel auf die Nase und sagt immer dazu: „Geh, oder ich geb' dir eins!" Und der Bote wunderte sich und lief geschwind hin und schlug mit dem Stocke unter die kleinen Wölfe, daß sie alle davonliefen, und das Kind nahm er geschwind von der Erde in