Schwab: Die Waffen des Achilles. 81 am gehörigen Orte einschlug. Seine Gattin, die holde Charis, eine der Huldgöttinnen, ergriff die Hand der hereiutretenden Göttin, führte sie auf einen silbernen Sessel, rückte ihr einen Schemel unter die Füße und holte dann den Gemahl herbei. Dieser rief, als er die Meeres¬ göttin erblickte, freudig aus: „Wohl mir, ist doch einmal die edelste der Unsterblichen bei mir im Haufe, die mich, den Neugeborenen, vom Verderben gerettet hat; denn weil ich lahm auf die Welt kam, warf mich die Mutter aus dem Schoße, und ich wäre elendiglich verkommen, wenn nicht Eurynome und Thetis mich in ihrem Schoße aufgefangen und in der Meeresgrotte bis ins neunte Jahr großgezogen hätten. Dort schmiedete ich allerlei Kunstwerke, Spangen, Ringe, Ohrgehenke, Haarnadeln, Kettchen aller Art in der gewölbten Grotte, und rings um uns schäumte brausend der Strom des Oceans. Diese meine Retterin besucht jetzt mein Haus! Bewirte sie, holdselige Gattin, mich aber laß diesen Wust hier aus dem Wege schaffen!" So sprach der rußige Gott, erhob sich hinkend vom Amboß, und mühsam hin und her wankend legte er die Blasebälge vom Feuer weg, verschloß die mancherlei Gerät¬ schaften in einen silbernen Kasten, wusch sich dann mit einem Schwamme Hände, Angesicht, Hals und Brust und hinkte, in einen Leibrock ein¬ gehüllt und von geschäftigen Mägden gestützt, wieder aus der Kammer. Diese Dienerinnen aber waren keine geschaffenen Wesen, doch lebendigen gleich, voll Jugendreiz, alle von ihm aus Gold geschmiedet, mit Kraft, Verstand, Stimme und Kunsttrieb begabt. Sie eilten mit hurtigen Füßen von ihrem Herrn weg, er aber, nachwackelnd, nahm sich einen schmucken Sessel, setzte sich neben Thetis, faßte ihre Hand und sprach: „Ehrenwerte, geliebte Göttin, was führt dich in meine Wohnung, die du sonst nur wenig besuchest? Sage mir, was du verlangst? Alles wird dir mein Herz gewähren, was ich nur gewähren kann und was an sich gewährbar ist". Da erzählte ihm Thetis ihren ganzen Jammer und bat ihn, seine Kniee umfassend, ihrem früh verwelkenden Sohne Achilles, so lange er den Griechen zum Schirm noch lebe, Helm, Schild, Harnisch, Bein¬ schienen und Knöchelbedeckung neu verfertigt zu verleihen; denn die Rüstung der Unsterblichen, die er früher besessen, habe der gefallene Genoß ihm vor Troja verloren. „Mutig, edle Göttin," antwortete ihr Hephästus, „dein Herz bekümmere sich darüber nicht! Möchte ich deinen Sohn doch so gewiß aus der Gewalt des Todes retten können, wenn ihm dereinst sein Geschick herannaht, als ich ihm jetzt eine herrliche Rüstung fertigen will, die ihn erfreuen soll und die noch mancher Sterbliche, der sie erblickt, anstaunen wird!" So sprach er, verließ die Göttin, und an seine Feueresse hinkend kehrte er die Blasebälge ins Feuer und ließ sie mit Macht arbeiten. Ihrer zwanzig schickten den glühenden Wind zugleich in die Öfen hinein, während in mächtigen Tiegeln Erz, Zinn, Silber und Gold auf der Glut stand. Alsdann richtete er den Amboß auf dem Blocke zurecht, griff mit der Rechten nach seinem gewaltigen Hammer und faßte mit der Linken die Zange. Und nun sing er an zu schmieden und formte zuerst den riesenmäßigen, Hopf u. Paulsiek, deutsches Leseb. I. l. 6