204 peter Nosegger 59. Peter Rosegger. Ls war im Frühsommer des großen Kriegsjahres (870, als eines Tages ein etwa in der Mitte der Zwanzig stehender junger Mann zu mir ins Zimmer trat und sich mir als p. K. Rosegger vorstellte. Freund chamerling, von dem er mir Grüße überbrachte, hatte ihn zu mir geschickt; in allen Worten und Gebärden erkannte ich sofort das liebens¬ würdige und herzige Naturell des steirischen Alpenkindes, und ich war lebhaft erfreut den Verfasser der vortrefflichen steirischen Dialektdich¬ tungen „Zither und Hackbrett" kennen zu lernen, welche Robert I^amer- ling vor kurzem herausgegeben und zugleich mit einer, den wunderbaren Lebensgang des Dichters darlegenden Vorrede versehen hatte. Aus dieser war mir zur Genüge bekannt geworden, daß Rosegger im Jahre (8^3 in Alpel, einem kleinen Gebirgsort, drei Stunden von Krieglach an der österreichischen Südbahn, geboren, in bäuerlichen und nichts weniger als auskömmlichen Verhältnissen aufgewachsen war und seine Zugend mit Garbentragen, Mchsenführen, Schafe- und Rinder¬ hüten hingebracht hatte, wegen seiner schwächlichen Konstitution für die harte Arbeit des Bauernstandes wenig geeignet, hatte er sich im Jahre 1(860 bei einem Schneider in die Lehre gegeben und bei ihm fünf Jahre lang gearbeitet. „Ich wanderte mit ihm von bsaus zu köaus," sagt Rosegger selbst, „um den Bauern die Kleider zu machen. Ich habe in verschiedenen Gegenden, im kultivierten Mürztale wie im verlassenen Fischbacher Walde, in mehr als 60 Däusern gearbeitet, und diese Zeit und Gelegenheit war meine Hochschule, in welcher ich das Bauernvolk so recht kennen lernen konnte." während dieser Schneiderzeit war nun aber in Rosegger bereits der Dichter erwacht und die Linsendung einer Auswahl seiner Produkte an die „Grazer Tagespost" hatte seinem Leben eine neue Richtung gegeben. Der Redakteur des Blattes, vr. Swoboda, hatte sofort das unzweifelhafte Talent des Linsenders erkannt und dem¬ gemäß in seinem Blatte mit aller Lntschiedenheit auf dasselbe hingewiesen. Infolge davon waren denn mit einem Interesse und einer Liberalität, wie sie wohl nur im sangesfreudigen Österreich poetischen Talenten gegenüber vorkommen, hauptsächlich durch eine Vereinigung von Grazer privaten Mittel und Wege geschafft worden, um den jungen Mann aus seiner bäuerlichen Umgebung zu reißen und mit der modernen Bil¬ dung bekannt zu machen. Jahrelang hatte Rosegger alsdann mit an¬ gestrengten Studien verbracht, und nach Abschluß derselben und nachdem er mit „Zither und Hackbrett" sich als Dichter legitimiert hatte, war ihm dann durch die nämlichen Grazer Gönner auch noch die Möglichkeit