— 320 — Diese Spürer sind eigentlich Leute, denen die rechte Lehrerweihe fehlt, und die ihre innere Lehre gern mit dem Feigenblatte äußeren Schimmers verdecken möchten. Ihnen gehen die Leitfäden und Lehrgänge über alles. Aber da fällt es uns schwer aufs Herz, daß wir, wenn mit der Methode alles so zutreffen sollte, insofern übel beraten sind, als es unmöglich ist, jene subjektive Methode sich anzueignen, und zu erringen, was die Natur einmal unerbittlich versagte. Ich kann nicht anders, ich muß es wiederholen: Wen ein⸗— mal die Natur nicht zum Lehrer bilden wollte, der kann eben so wenig die vollendete Meisterschaft in seinem Fache erreichen, wie es unmöglich ist, daß jeder Maler ein Raphael, jeder Dichter ein Schiller werde. Doch entmutigen darf und soll uns das nicht! Wenn auch kein vollkommener Ersatz möglich ist, so vermögen wir doch mit dem Beistande dessen, der auch im Schwachen seine Allmacht kund giebt, gar viele! Annähernd vermögen wir immerhin das Ideal eines Lehrers, jenen Geist und jene geheimnisvolle Eigentümlichkeit zu erreichen, worin das Wesen der subjektiven Methode besteht. Nur vor allem wahre, hingebende Berufsliebe, denn diese wird uns durchwärmen, und aus dem Auge zur Kinderseele dringen, also, daß Leben durch Leben entzündet wird Auch gute Muster thun viel. Es ist eine hohe Freude, dem tüchtigen Manne, der so ganz Lehrer ist, zuzuhören; sein Beispiel wird uns beleben, ermutigen und belehren. Daneben hilft auch die Gesinnung! Aus dieser muß sich die Berufsliebe erst herausbilden. Deshalb strebe der Lehrer nach wahrer, christ licher Vollkommenheit. Alles, was ihn als Menschen zu jener Höhe erhebt, zu welcher uns der vom Himmel gesandte Erlöser des sündigen Geschlechtes den einzig unfehlbaren Weg zeigte; alles, was endlich den Lehrer geistig erfrischt und stärkt, macht ihn auch zu einem besseren Lehrer. Darum den parador klingenden Satz: Ohne Religion keine waͤhrhaft eindringliche, fruchtbringende Methode! Nur durch ein tiefes religiöses Gefühl wird die rechte Welt- und Lebensanschauung, die rechte Auffassung aller Verhältnisse und Wissenschaften bedingt. Das religiöse Leben sieht in der Erde nur den Abglanz der Herrlichkeit des himmlischen Vaters, und freut sich in Einfalt und selbstloser Hingabe über die Werke Goites und der Kunst. Des wahren Künstlers Auge blitzt hinauf zum Himmel und holt sich von oben den befruchtenden Ge— danken; so erringt auch der Lehrer nur in Gott und mit ihm jenen gestaltenden Geist, der ihn zum Künstler stempelt. 219. Allgemeine Grundsätze des Unterrichtes. Karl Kehr. Soll der Unterricht erziehend sein, also wirkliche Menschenbildung befördern, dann muß er mindestens vier Eigenschaften haben, ohne welche ein erziehender Unterricht nicht gedacht werden kann, er muß nämlich wahr, praktisch, klar und in seiner Wirkung dauerhaft sein. 1. Die Wahrheit des Unterrichtes. „Der Mensch soll die Wahrheit nicht allein suchen, sondern sie auch andern unverstellt mitteilen.“ Dreßler. Zur Wahrheit des Unterrichtes gehört ein Dreifaches: 1) die Richtigkeit Inhaltes, 2) die Korrektheit der Daärstellung, 3) die Wahrheit der Empfin⸗ ungen. Soll der Unterricht ein wahrhaft bildender sein, so ist zuerst notwendig, daß sein Inhalt wahr, dah. richtig ist. Bietet der Unterricht falsche