Um seine Töchter werben zwei Brüder, die Grafen Carrion, und Don Alfonso unterstützt sie darin. Eben sind die Paare verlobt, als ein Löwe, den der Cid hält, seinem Wächter entkommt und brüllend aus die beiden Grafen losstürzt. Wohl scheucht der Cid das wütende Tier zurück, die Grafen aber meinen, „daß zu ihrem Schimpfe dieser Scherz bereitet sei." Sie beschließen, sich zu rächen. Unter dem Vorwände, die Hochzeit in ihrer Heimat feiern zu wollen, ziehen sie mit ihren Bräuten fort, beschimpfen, als sie die Wüste, ein einsames, ödes Gebirge, erreicht haben, die Jung¬ frauen durch Schmähreden und Schläge, binden sie tief im Walde an einen Baum und eilen davon. Ordoño, der Neffe des Cid, der wenige Stunden nach dieser Schandtat durch das Gebirge reitet, findet die Unglücklichen und rettet sie. Die Grafen unterliegen im Zweikampfe Eids Edlen, werden vom Könige für ehrlos erklärt und verlieren ihre Güter. Doña Sol und Doña Elvira vermählen sich mit zwei Jnsanten von Aragonien und Na¬ varra und leben in glücklichster Ehe. — Im Herzen des Cid bleibt freilich die bittere Erinnerung ein wunder Ort. Seit der Schmach, die ihm begegnet, Trug er fortan schwarze Rüstung, Übersät mit goldnen Kreuzen, Und war stiller als zuvor. Er fühlt, daß es mit ihm zu Ende geht, und sieht im Traume den Apostel Petrus, der ihm verkündigt, nach dreißig Tagen werde Gott ihn in eine andre Welt rufen. Darum bestellt er sein Haus, nimmt Abschied von seinen Freunden, em¬ pfängt das heilige Sakrament und bestimmt, daß nach seinem Tode kein Klagegesang erschalle, keiner Tränen um ihn weine; denn er weiß, daß die Mauren, die gerade mit gewaltiger Heeresmacht Valencia bestürmen, all ihre Hoffnung aus seinen Tod setzen. 68. Ausgeatmet hat der gute Cid, der von Bivar sich nannte. .. 5 Balsamieret wird sein Leichnam; Frisch und schön, als ob er lebte, Sitzt er da mit hellen Augen, Mit ehrwürdig-weißem Bart; Eine Tafel stützt die Schultern, 10 Eine Tafel Kinn und Arme, Unbewegt auf seinem Stuhle Sitzt er da, der edle Greis. Als zwölf Tage nun vergangen, Schalleten die Kriegsdrommeten, Weckten aus den Maurenkönig, Der Valencia hart umschloß. Mitternacht wars, und man setzte Auf sein gutes Pferd Babieca Grad und fest den toten Herrn; Schwarz und weiße Niederkleider, Ähnlich dem gewohnten Harnisch, Den Cid an den Beinen trug, Durchgenäht mit goldnen Kreuzen War die Kleidung; ihm am Halse Eingefaßt mit der Devise, Wellenförmig hing sein Schild. Von gemaltem Pergamente Stand ein Helm ihm auf dem Haupte; Ganz in Eisen eingekleidet Schien er da auf seinem Roß, In der Rechten die Tizona. — Neben ihm zu einer Seite Ging Jerónimo, der Bischof, An der andern ging Gil Diaz; Beide führten den Babieca, Der sich seines Herrn erfreute. Der noch einmal auf ihm saß. Sacht geöffnet ward die Pforte, Die hin gen Kastilien führet, Trabetor wird sie genannt; Durch sie zog Pedro Bermudez Mit erhabner Fahne Eids, Neben ihm vierhundert Ritter Zur Bedeckung ihr voran. Jetzt nun folgete Eids Leiche, Hundert Ritter um sie her; Hinter ihr Doña Timene, Wohlbegleitet von sechshundert Edlen Männern, ihrem Schutz. Schweigend ging der Zug und langsam, Leis, als wären es kaum zwanzig; Aus Valencia waren alle Längst schon, als der Tag anbrach. Alvar Fañez war der erste; Wütig stürzt er auf die Mauren, Die Bukar hierher gelagert; Ungeheuer war die Zahl.