146 V. Blumenlese aus der poetischen Literatur der Neuzeit. In jenen stillen Tagen Wie war ich stolz und klug, In sichern Glücks Behagen Mir selber gut genug. 5 Du hast das Glück zerschlagen; Nimm wieder, was du gabst, Ich schweig' und will nicht klagen, Jetzt weiß ich, wie du labst. Das sind die mächt'gen Stürme, Die wecken, was da ruht, Es sinken Land und Türme Allmählich in die Flut. Kein Meerweib will sich zeigen, Kein Laut mehr langt zu mir, Und in dem weiten Schweigen Steh' ich allein mit dir. O führe an den Riffen Allmächtig deine Hand, Wohin wir alle schiffen, Uns zu dem Heimatsstrand. 171. Der Ich sah im Mondschein liegen 15 Die Felsen und das Meer, Ich sah ein Schifflein fliegen Still durch die Nacht daher. Ein Ritter saß am Steuer, Ein Fräulein stand am Bord, 2v Im Winde weht ihr Schleier, Die sprachen kein einzig Wort. Wachtturm. Und als das Schiff verschwunden Er warf seine Krone nach, Und aus dem tiefen Grunde Das Meer wehklagend brach. Das war der kühne Buhle, Der ihm sein Kind geraubt, Der König, der verfluchet Der eignen Tochter Haupt. Da hat das Meer mit Toben Verschlungen Ritter und Maid, Der König starb da droben In seiner Einsamkeit. Ich sah verfallen grauen Das hohe Königshaus, Den König stehn und schauen 25 Vom Turm ins Meer hinaus. Nun jede Nacht vor Sturme Das Schiff vorüberzieht, Der König von dem Turme Nach seinem Kinde sieht. 30 172. Frühliugsdämmerung. In der stillen Pracht, In allen frischen Büschen und Bäumen Flüstert's wie Träumen . Die ganze Nacht. 35 Denn über den mondbeglänzten Ländern Mit langen weißen Gewändern Ziehen die schlanken Wolkenfrnu'n wie geheime Gedanken, Senden von den Felsenwänden 40 Hinab die behenden Frühlingsgesellen, die hellen Waldguellen, Die's unten bestellen An die duftigen Tiefen, Die gerne noch schliefen.