14 zieren sollten. Das bei ihrer Konfirmation eigens verfaßte Glaubens¬ bekenntnis schließt mit den Worten: „Ich erflehe im Gebet den göttlichen Beistand zur Erfüllung meines Berufes hier auf Erden; denn ich halte denselben für eine Vorbereitung zu einem andern Leben, in welches nach dem Tode jeder Mensch eingeht. Ich glaube endlich, daß in diesem zukünftigen Leben in einer höheren Welt der gerechte Gott zur weiteren Ausbildung des unsterblichen Geistes vergeltend mit Lohn und Strafe waltet.“ Nicht minder bedeutungsvoll sind die Worte, welche der Hof¬ prediger Roehr am Schlüsse seiner Rede zu der fürstlichen Konfirmandin sprach, weil sie gleichsam ihr selbst aus der Seele gesprochen waren: „Wo auch dereinst Ihr Wirkungskreis sein möge, immer mögen Sie Sich bemühen, Thränen zu stillen, Wunden zu heilen, Kummer zu lindern und frohe und glückliche Menschen zu machen. Würde Ihnen das Weh der Welt und eine rauhere Berührung des Schicksals nicht erspart, so mögen Sie im Glauben und in der Ergebung den Trost finden, der über alles Ungemach siegend erhebt.“ Und so lebt sie fort im Angedenken des Volkes: eine fromme, liebende, tröstende, helfende Mutter ihrer Landeskinder. 9. Kaiserin Auguste Victoria. (* 22. Oktober 1858.) Ernst Evers. Auguste Victoria. Berlin. 1689. Buchli. d. Berl. Stadtm. 8. 148. Ein liebliches Bild war's, welches sich den Bewohnern von Potsdam an einem jener kalten Wintertage des Februars 1886 darstellte. Man wußte, daß der Kaiser Wilhelm II., damals noch Prinz Wilhelm, die Masern gehabt hatte, und daß die Kaiserin, damals Prinzessin Wilhelm, da sie selbst die Pslege des kranken Gemahls übernommen hatte, nun auch von der Krankheit ergriffen war. An jenem Tage hielt nun ein königlicher Wagen an derjenigen Seite des Stadtschlosses, welche nach dem Lustgarten hin gelegen ist. Die kleine Schar von Menschen, welche das Gefährt umstand, hatte ihre Augen darauf gerichtet, um im nächsten Augenblick zu einem Fenster des ersten Stockwerkes hinaufzuschauen. Dort oben hatte eine schmale, weiße Hand den dichten Fenstervorhang ein wenig auseinander¬ geschoben, nur so weit, daß sich ein Menschenantlitz durch den schmalen Spalt hindurchschieben konnte. Ans dem Spalt im Vorhang aber schaute das blasse Gesicht der Prinzessin Wilhelm heraus und grüßte in inniger Liebe und seliger Freude zu dem königlichen Wagen hernieder. Winter¬ külte hatte sich über die Flur und in die Straßen Potsdams gelagert, aber der Winterkälte zum Trotz war das Fenster des königlichen Wagens