77 viel dazu beitragen, an Pünktlichkeit und sorgsame Benutzung der Zeit zu gewöhnen. Es nahten die Weihnachtstage. Ich war schon alt genug, um zu wissen, daß der heilige Christ nicht im buchstäblichen Sinne genommen durch die Luft dahergeflogen kommt und allerlei Geschenke bringt; sondern daß der heilige Christ die innige Liebe, der gute Geist in den Herzen der Angehörigen ist, die still und heimlich darauf denken, ein¬ ander zu erfreuen und zu beglücken. Wie selig geht da jedes umher, lauscht dem andern seine verborgenen Wünsche ab, kann sich fast nicht halten, das Geheimnis zu bewahren, und ist doch wieder voll Freude, im stillen zu wirken und zu schaffen für das andere! Wo das ist, kann man wohl sagen: der heilige Christ schwebt in der Luft des Hauses, x Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als daß mir zu Weihnachten eine Uhr beschert würde, ließ das aber keiner Menschenseele merken; nicht einmal meiner immer seelenfrohen Schwester Minna sagte ich ein Wort davon. Wenn aber nur von einer Uhr die Rede war, zitterte ich vor Angst, und wenn man zufällig fragte: „Wie viel Uhr ist’s?“ war ich ganz böse. Das muß mich verraten haben; denn hört, wie mir’s ergangen ist. Eines Mittags, als ich in die Stube trete und schon in der Thür stehe, höre ich, wie mein Vater der Mutter zuruft: „Frau, thu schnell Adams goldene Repetieruhr weg!“ Er wickelt nun schnell etwas in ein Papier und versteckte es. Meine Mutter sah betrübt aus; ich aber that, aE ob ich gar nichts gesehen und gehört hätte, und war überaus heiter. ^ on nun an ging ich stolz durch die Straßen und meinte, jeder müsse nilrs ansehen, welch eine goldene Zukunft ich habe. Es that mir nur leid, daß man die Uhren in der Tasche trägt, so verborgen und nicht often vor aller Welt, und — so leicht wird man von der Eitelkeit be¬ trogen, daß ich mir einredete, das wäre doch viel menschenfreundlicher, Nvenn man die Uhren offen trüge, denn da könnten auch die armen Leute immer genau sehen, welche Zeit es ist. -Teder, der es erschwingen und darauf acht haben kann, hat eine eigene Uhr verborgen in der Tasche, und diese richtet und stellt er von °lt zu Zeit nach der großen Uhr am Kirchturm, und die Uhr am Kirchturm wird nach der Sonne gerichtet, deren Lauf Gott von Ewig¬ keit her festgesetzt, und die Menschen können weiter nichts thun als