128 Abwendung alles Übels. Da man nun aber den jungen Ehemann so vergnügt hervorgehen sah, glätteten sich auch die Falten in den übrigen Angesichtern, ja der alte Fischer fing an, mit dem Ritter zu scherzen auf eine recht sittige, ehrbare Weise, so daß selbst die alte Hausfrau ganz freundlich dazu lächelte. Darüber war endlich Undine auch fertig ge¬ worden und trat nun in die Thür; alle wollten ihr entgegengehn, und alle blieben vor Verwunderung stehen: so fremd kam ihnen die junge Frau vor und doch so wohlbekannt. Der Priester schritt zuerst mit Vaterliebe in den leuchtenden Blicken auf sie zu, und wie er die Hand zum Segen emporhob, sank das schöne Weib andächtig schauernd vor ihm in die Kniee. Sie bat ihn darauf mit einigen freundlich-demütigen Worten wegen des Thörichten, was sie gestern gesprochen haben möge, um Ver¬ zeihung und ersuchte ihn mit sehr bewegtem Tone, daß er für das Heil ihrer Seele beten wolle. Dann erhob sie sich, küßte ihre Pflegeeltern und sagte, für alles genossene Gute dankend: „0 jetzt fühle ich es im innersten Herzen, wie viel, wie unendlich viel Ihr für mich gethan habt, Ihr lieben, lieben Leute!“ — Sie konnte erst gar nicht wieder von ihren Liebkosungen abbrechen, aber kaum gewahrte sie, daß die Hausfrau nach dem Frühstück hinsah, so stand sie auch bereits am Herde, kochte und ordnete an und litt nicht, daß die gute, alte Mutter auch nur die ge¬ ringste Müh waltun g über sich nahm. Sie blieb den ganzen Tag lang so: still, freundlich und achtsam. Die dreie. welche sie schon länger kannten, dachten jeden Augenblick, irgend ein wunderliches Wechselspiel ihres launischen Sinnes hervor¬ brechen zu sehen. Aber sie warteten vergebens darauf: Undine blieb engelmild und shnft. Der Priester konnte seine Augen gar nicht von ihr wegwenden und sagte mehrere Male zum Bräutigam: „Herr, einen Schatz hat Euch gestern die himmlische Güte durch mich Unwürdigen anvertraut; wahrt ihn, wie es sich gebührt, so wird er Euer ewiges und zeitliches Heil befördern.“ Gegen Abend zog Undine den Ritter sanft vor die Thür hinaus, wo die Sonne anmutig über den frischen Gräsern und um die hohen schlanken Baumstämme leuchtete. In den Augen der jungen Frau schwamm es wie Tau der Wehmut und Liebe; auf ihren Lippen schwebte es wie ein zartes, besorgliches Geheimnis, das sich aber nur in kaum vernehmlichen Seufzern kund gab. Sie gelangten an das Ufer des übergetretenen Wald¬ stromes, und der Ritter erstaunte, diesen in leisen Wellen verrinnend dahinrieseln zu sehen, so daß keine Spur seiner vorigen Wildheit und