108 dem er ganz ausgelassen vor Freude von einem Bein aufs andere hüpfte: „Jawohl, jawohl, 's ist alles mir — schau nur, schau, Mutter!" Die Frau machte vor allen Dingen Licht; jetzt erwachte auch der Mann, mit beiden Füßen vom Bett springend. „Herrgott," sagte er, „der Zug ist vorbei — du warst doch draußen, Frau?" Sie wurde kreideweiß: „Ich komm' ja eben erst heim" „Aber ich war draußen," erklärte Jockele; „wie der Vadder gar nit hat aufwachen wollen, hab' ich eben die Flagg' genommen und den Mantel und hab's ganz recht gemacht, und niemand hat mich kennt, aber 's Christkindle hat mir vom Himmel runter einen Haufen Geld geworfen, lauter neu's." Der Bahnwart, noch ganz elend von seinem überstandenen Fieberanfall, ließ sich mit zitternden Knieen auf den nächsten Stuhl nieder: „Bist wirklich draußen gestanden?" fragte er. „Freilich," versicherte Jockele, „kannst ganz ruhig sein, Vadder." „Das ist einer," schluchzte die Frau auf, „der wird noch ein¬ mal General — 's find gewiß zehn Mark, Mann, schau her!" Auf dem Tische lag das lederne Täschchen, und Jockele erklärte: „Das Ding da ist auf mich zugeflogen, gerad' wie ein Vogel vom Himmel." Die Vahnwartsfrau untersuchte das Täschchen und fand darin eine Karte, „a m6rry Christmas" stand darauf. Es dauerte lang, bis sie sich die Worte zusammenbuchstabiert hatte. Endlich meinte sie: „Aha, 's ist die Frau Marey Christmeß — Gott segne sie, 's muß eine seelengute Frau sein." „Halt, wahrscheinlich dem Christkindle seine Mutter," erklärte Jockele und machte sich über seine Äpfel und Nüsse her. Hermine Villinger.