• • •, ■' ^! — 159 — los werden. Da, einen will ich dir schenken." „Nein," sprach Schneewittchen, „ich darf nichts annehmen." „Fürchtest du dich vor Gift?" sprach die Alte, „siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; den roten Backen iß du, den weißen will ich essen." Der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß der rote Backen allein ver¬ giftet war. Schneewittchen lüsterte den schönen Apfel an, und als es sah, daß die Bäuerin davon aß, konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so stel es tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grausigen Blicken, lachte überlaut und sprach: „Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz! Diesmal können dich die Zwerge nicht wieder erwecken." Und als sie daheim den Spiegel befragte: „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land?" so antwortete er endlich: „Frau Königin, ihr seid die Schönste im Land." Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben kann. Die Zwerglein fanden, wie sie abends nach Hause kamen, Schnee¬ wittchen auf der Erde liegen; es regte sich in ihm kein Atem mehr, und es war tot. Sie hoben es auf, suchten, ob sie etwas Giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es mit Wasser und Wein; aber es half alles nichts: das liebe Kind war tot und blieb tot. Sie legten es auf eine Bahre, setzten sich alle sieben daran und beweinten es und weinten drei Tage lang. Da wollten ste es begraben; aber es sah noch so frisch aus wie ein lebender Mensch und hatte noch seine schönen, roten Backen. Sie sprachen: „Das können wir nicht in die schwarze Erde versenken," und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein und schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf, und daß es eine Königstochter wäre. Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen blieb immer dabei und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch und be¬ weinten Schneewittchen, erst eine Eule, dann ein Rabe, zuletzt ein Täubchen. Da lag Schneewittchen lange, lange Zeit in dem Sarge und ver¬ weste nicht, sondern sah aus, als wenn es schliefe; denn es war noch so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz.