A. Haus und Heim — des Mannes Ehr' und Wehr. 19 Geld ins Wasser werfe, ob dann der Mann da unten auch noch kopfsteht?" Lin paarmal hob er den Arm. Ltwas jedoch hing blei¬ schwer an seinen Gelenken. Lr konnte nicht zum Schwung ausholen. Der lahme Wieland, der seine fünf Sinne nicht beisammen hatte, begegnete ihm und schnitt eine Grimasse. Auf den Bleichen, die er überschritt, blähte sich die Wäsche im winde. Die Mädchen, die bar¬ fuß am Ufer hockten und Linnen spülten, fragten: „Meister Hangel¬ haupt, warum habt Ihr doch am werkeltag Euren Sonntagsrock an?" Ja, wenn sie gewußt hätten, daß er vom Rentamt kam und hier in diesem Beutel das Geld für seinen verkauften Großvaterberg trug! Lr gab keine Antwort, ging schneller und stolperte über eine Wurzel. Jetzt stand er auf der Brücke, die den Fluß überspannte. Lr trat dicht an das Geländer. Die Sonne stand gerade über dem Flusse. Das Wasser sah aus wie gleißendes Gold. Lr meinte, auch das Geld in seinem Beutel sei zu einer goldigen, feurigen Masse ge¬ worden, zu einer heißen, glühenden. Lr stellte den Beutel auf das Geländer, stützte den Ropf in die Fäuste und sah hinab in den Fluß. Der Rentmeister — was hatte der gesagt? — „Hangelhaupt, du bist ein unzufriedener Narr,- kauf' dir einen Acker im Tal und bau' Rartoffeln, was brachte dir denn dein Großvaterberg ein? — Drei» mal in fünf Jahren erfroren die Blüten,- dann hattest du das Nach¬ sehen statt Kirschen! Aber dies Geld — das ist etwas Reelles — leih's auf Zinsen aus — mach' dir gute Tage!" was wußte diese Schreiberseele davon, was ein ererbtes Stück Land wert war! Das verstand so einer nicht, der zeitlebens nichts fein Ligen genannt hatte. Der glaubte auch nicht, daß es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit sei, daß man ihm trotz seines Sträu- bens seinen Großvaterberg nahm, weil die Bahnlinie darüberführte. Linen Damm wollten sie bauen, alle seine Bäume fällen, die Hasel¬ nußsträucher vernichten. Die Welt war so groß. — Gb's keine anderen Wege gab, auf denen die Züge fahren konnten? — Sie hatten ihm vorgeworfen, er liebe sein Vaterland nicht — nannten ihn dumm, hartköpfig, eigen¬ sinnig. Als er von Baumfrevel und Schändung und Sünde sprach, halten sie ihn verlacht: Und nun hatten sie ihm einfach von Rechts wegen seinen Berg genommen. Geld hatten sie ihm dafür gegeben. Linen ganzen Beutel voll- eine schwere Menge, was half ihm das, wenn er daran dachte, was ihm sein Großvaterberg wert war! Saß er den ganzen Tag mit gekrümmtem Rücken auf dem Schuster¬ schemel, so stieg er abends hinauf auf diese Höhe. Auf diesen Berg, der immer den Hangelhaupts gehört hatte, solange man denken konnte. Und die Sorgen, die man hatte! Beim ersten Sonnenstrahl im Hornung begannen sie. So ging's das ganze Jahr. Lin richtiger Sorgenring war's. Die Bäume haben so viele Feinde und Schäd¬ linge — ebensoviel, als sie Freuden spenden, wenn man sie gut betreut. Nun konnte er auch nicht mehr im Grase liegen und seine Gedanken über die Berge senden, hinter denen die weite Welt liegt ... 2*