Roßmäßler: Die Steinkohlen. 217 die Dicke eines Weizenhalmes erreicht, hat man in dem Kohlen— sandstein Stämme von vorweltlichen Schachtelhalmen gefunden, die fast haushoch und 1015 em dick gewesen sind, und ebenso hoch und noch höher hat man die Reste von Stämmen bärlapp— artiger Pflanzen gefunden. Welch wunderbare Pflanzenwelt muß das damals gewesen sein! Mehr als 20 m hohe Bärlappe, dicht und struppig mit schmalen, spitzen Blättern bedeckt; riesenmäßige Schachtelhalme, die sich nur durch dichten Stand gegenseitig aufrecht erhalten konnten, da sie hohl und dünn waren; baumartige Farnkräuter, die ihre zarten, dichten Blätterkronen auf hohen Stämmen in der stillen, von keiner Vogelstimme belebten Luft — denn Vögel lebten da— mals noch nicht — ausbreiteten. Und alles dies bildete undurch— dringliche Wälder, zwischen denen noch kein Säugetier wandelte; diese traten erst viele tausend Jahre später auf die Schaubühne des Lebens. Aber wie entstanden nun aus diesen Pflanzen die Stein— kohlen? Alles weist darauf hin, daß die Pflanzenmassen, aus denen die Steinkohlenlager geworden sind, nicht etwa durch große Wasserfluten oder Stürme auf einen Haufen zusammengeführt worden sind, sondern daß es dabei sehr ruhig hergegangen ist. Die Pflanzen haben ohne Zweifel da lebend gestanden, wo wir sie jetzt zu Steinkohle umgewandelt und von Sandstein- und Schiefertonschichten begraben finden. Die große Wärme der feuchten Luft begünstigte und beförderte den üppigen Pflanzen— wuchs, und die abgestorbenen Blätter bedeckten bald in dicken Schichten den Boden. Sand- und Tonmassen legten sich darüber und begruben zugleich mit den toten auch die lebendigen Pflanzen. Wie das gekommen ist, wissen wir nicht. Durch den Druck der Sand- und Steinmassen wurden die Pflanzen in Kohle verwandelt. Wie das gekommen ist, darüber sind die Ansichten verschieden. Jedenfalls hat die Hitze dabei eine Hauptrolle gespielt, aber auch Feuchtigkeit und Druck waren gewiß dabei wirksam. Die bergmännische Gewinnung ist mehr als der Erzbergbau mit Gefahren verbunden, indem sogenannte schlagende Wetter Explosionen herbeiführen, die manches Menschenleben im schwarzen Lande der Tiefe unter Schutt und Trümmern begraben. Welche Bedeutung die Steinkohle für die Industrie hat, geht aus der Wertschätzung des Steinkohlenteers hervor, der als Rückstand der Gaserzeugung erst in neuerer Zeit benutzt wird. Aus dem Steinkohlenteer stellt die Chemie wunderbare Farbstoffe her. Neben der scharfriechenden Karbolsäure, den Naphthalinen und Heilmitteln liefert die Steinkohle die herrlichsten Blumen—