Prosa. — — — A. Erzählende Darstellung. Erxzühlungen. Gelthithtliche Charukterbilder. 1. Die Posaune des Gerichts. Gerade dort, wo die Gemarkungen zweier Dörfer sich scheiden, mitten im Walde, wurde in der Frühlingsnacht zur Zeit des Voll— mondes eine schreckliche That vollbracht. Ein Mann kniete auf einem andern, der leblos dalag. Eine Wolke verhüllte das Antlitz des Mondes; die Nachtigall hielt inne mit ihrem schmetternden Gesang,! als der Kniende den Dahingestreckten aussuchte und alles was er fand, zu sich steckte. Jetzt nahm er ihn auf die Schulter und wollte ihn an den Strom, der ferner rauschte, hinabtragen, um ihn dort zu versenken. Plötzlich blieb er stehen, keuchend unter der toten Last. Der Mond war herausgetreten und warf sein sanftes Licht durch die Stämme, und es war, als ob auf den Stralen des Mondes die Töne eines herzzerreißenden Liedes getragen würden. Ganz nahe blies ein Posthorn die Weise des Liedes „Denkst du daran?“? Dem Tragenden war's, wie wenn die Leiche auf seinem Rücken lebendig würde und ihn erwürgte. Schnell warf er die Last ab und sprang davon, immer weiter und weiter. Endlich am Srtome blieb er stehen und lauschte; alles war still, und nur die Wellen flossen schnell dahin, als eilten sie fort von dem Mörder. Dieser ärgerte sich jetzt, daß er die Spuren seiner That nicht vertilgt habe und sich von sonderbarer Furcht habe forttreiben lassen. Er eilte nun zurück, wandelte hin und her, bergauf und bergab; der Schweiß rann ihm von der Stirn; es war ihm, als ob er Blei in allen Gliedern spüͤrte. Mancher Nachtvogel flog flatternd auf, wenn er so durchs Dickicht drang; aber nirgends fand er das Ge— suchte. Er hielt an, um sich zurechtzufinden, um sich die Gegend 1Die ganze Natur scheint empört über die menschliche Frevelthat. „Denkst du daran, mein tapfrer Lagienka?“ ꝛc. ꝛc. ist der Anfang eines Volks— hes den patriotischen Hochsinn des Polenführers 3ꝛ zum Gegen— ande hat. 20*