7 wenn der Schnee zu hoch lag oder der scharfe Gstwind zu eisig über die kahle Heide blies, brachte der Vater mich im wagen oder Schlitten hin. Uber so einsam es auch bei uns zu Hause war, langweilig war es nie. Unter der Birke saß ich und spielte aus der Handharmonika oder schnitzte mir ein Vogelbauer oder schälte Kartoffeln für die Mutter. In die Heide lies ich, um Vögel zu fangen, die Schafe zu hüten, dem Vater Essen hinauszubringen, um holz oder Torf zu holen. Uber das wurde alles anders, als ich konfirmiert war und in die Stadt sollte, um ein Geschäft zu lernen. Es war ein trüber, nebliger Herbstmorgen, als euer Großvater den Uckerwagen aus unserer Scheune zog und zwei dicke Ztrohsäcke und meinen schweren holzkofser mit dem starken Vorhängeschloß darauf packte. Linen dicken Wollschal um den hals gebunden, war ich aufgestiegen, und die Mutter stand in der Haustür und wischte sich mit der Schürze die Uugen und winkte mit der Hand und ries einmal über das andere: „Udieu! Udieu! Johannes! Bleib brav und gut!" — Und ich saß gedrückt und traurig auf dem Strohsack und hatte gar keine Freude an der Reise. Endlich war alles fertig, auch der Vater stieg aus. „Udieu, Johannes!" rief die Mutter mir nach; schwer lag der Uebel über der weiten'Heide, und die Birke, meine liebe Birke, unter der ich so manches Mal gespielt hatte, bewegte ihre Zweige und schüttete eine Zlut kleiner, trockener, gelber Blätter über mich. Ja, es war die Zeit des Blätterfalls, und der Vater rief: ,,hüh!" und der Gaul, unsere alte, gute Braune, die nie schlug oder biß oder durchging, zog langsam an, und der wagen rumpelte und pumpelte durch den Uebel aus dem schlechten Wege dahin. Immer wieder drehte ich mich um, immer undeutlicher wurden Haus und Baum. Uch Gott! Jetzt ging es in die weite Welt hinaus! — Ueben mir auf dem Stroh¬ sacke lag ein kleines, gelbes Blatt. Vas war noch eins von den Blättern meiner Birke. Ich steckte es als Undenken an die Heimat in meine Brieftasche. Nach fünf Stunden kamen wir in die Stadt. Die vielen Menschen! Die schönen Häuser! Meine neue Stelle! Meine viele Arbeit! Die Uugen schmerzten mir vom vielen Sehen, das herz tat mir weh vor Heimweh. Uber mein Lehrherr, der alte Kaufmann Müller, war streng und ließ mir keine Zeit zum Grübeln, und es war ein langer Lag, den ich hinter dem Tresen und im packraum zubringen mußte. Uber des Ubends, wenn ich zu Bett gehen sollte und in meine Kammer kam und sah in der Ecke den Koffer stehen, dann packte mich das Heimweh so stark, daß ich vor Schmerz und Kummer meinte vergehen zu müssen, und dann, wenn mich niemand sah, nahm ich die Brieftasche heraus und besah das kleine, gelbe Birkenblatt, das Undenken an die Heimat, und ich sah wieder das Eltern-