110 I. Der Landwirt in seinem Berufe. ungedũngt und der Befehl unausgerichtet bleiben. Siehet er aber zu, so mub der Knecht in all seinem Fürnehmen eine Scheu haben und desto fleibiger sein. Joh. Agricold. Mit einem Herren stont es qut, der, was er befohlen, selber tut. — Der Herr soll von Linden sein, der Enecht von Bichen. — Eigner HFleiß und fremde Hilfe fördern einen gquten Mann; penn man einen vor soll sponnen, spamm er selber erst sich am 87. Der Wirt muß vorauf. 1. Du wunderst dich, daß meine Leute noch keinen Kaffee trinken und überhaupt so ordentlich sind? Ordnung im Haushalt ist keine Hexerei, und ich habe ein so sicheres Mittel, meine Leute vom Kaffee aͤbzuhalten, daß ich alles in der Welt darauf wetten will, sie trinken hu nicht. Das Schnackigste aber ist, daß ich dieses Mittel von meiner Viehmagd gelernt habe. Diese wollte, als wir unsere Pachtung an— traten, nicht früh genug aufstehen. Wie ich sie darüber zur Rede stellte, gab sie mir zur Antwort: „By us moet der Wert vorupp!“ Dies schallte mir durch die Ohren, und, auf einmal erleuchtet, fühlte ich die ganze Wahrheit, daß alles in der Haushaltung durch einen guüten Voͤrgang gezwungen werden müsse, und daß es eine Torheit sei, sich um acht Uhr aus dem Bette zum Kaffee wecken zu lassen und bon dem Gefinde zu fordern, daß es um drei Uhr an der Arbeit sein Und sich nicht auch eine verstohlene Freude machen soll. Wie es den anderen Morgen drei schlug, sagte ich darauf zu meinem Manne: „Der Wirt muß vorauf!“ Und so wie er dieses einigemal getan hatte, var alles Gesinde so geschwind bei der Hand, daß ich seit der Zeit nicht nötig gehabt habe, ein einziges Mal mit der Viehmagd über ihren langen Schlaf zu schmälen. Anfangs fiel es uns etwas hart, so früh die warmen Federn zu verlassen. Wie wir es aber erst eine Zeitlang getan hatten, war es uns nicht möglich, lange über die gewohnte Zeit darin zu verweilen. Wenn ein Feiertäg uns eine Stunde später auf⸗ forderte, so waren wir doch zu rechter Zeit munter und feierten ihn nicht in süßen Träumen. Jeder Feiertag war uns dann doppelt will⸗ kommen, und wir freuten uns oft seines Anbruchs. 2. Nun, mein Freund, weißt du mein ganzes Geheimnis. Wenn du dasselbe wohl anwendest, so wirst du nicht nötig haben, dich über Unordnung im Haushalte zu beschweren. Anderen zu befehlen und Vorschriften zu geben, ist keine Kunst. Man muß voraufgehen, wenn andere folgen, auf die Bresche wie auf die Dresche, und der Soldat lacht über den Hauptmann, der ihm hinterm Eichbaume befehlen will, als ein braver Kerl die Sturmleiter hinauf zu klettern. So handeln aͤber unsere meisten Haushälter. Sie selbst wollen schlafen Kaffee inken und hinterm Ofen sitzen; das Gesinde soll sich quälen und schlecht behelfen. Das geht nicht und wird in Ewigkeit nicht gehen. Ser Wirt muß vorauf! Nächstens ein mehreres und damit Gott befohlen! J. Möser.