8. Und nun war es Abend, Weihnachtsabend. Draußen vor der Stubentüre im dunkeln Flur warteten die Kinder, der Anton mit dem Annelieschen auf dem Schoße. Sie warteten und lauschten und warteten wieder. 5 Da ging die Stubentüre plötzlich auf, und — ja, da sah man gleich: hier war das Christkind gewesen. Ein heller Lichter¬ glanz erfüllte die Stube — da stand er, der liebe Christbaum, mit all den brennenden, flimmernden, strahlenden Lichtlein darauf. io Unter ihm lagen Geschenke — Soldaten, Pferd und Püppchen — aber das schönste war er doch selbst, der strahlende Lichterbaum. Alle fanden es, auch das Kleinchen, denn es zeigte mit seinem Dingerchen nach den Lichtem, sagte: „Da — da“ und krähte vor Vergnügen. 15 Und alle schauten in die hellstrahlende Lichterpracht, und aus aller Augen strahlte die Freude und das Glück, beinahe ebenso hell wie die Lichter am Baume. An der Wand aber hing die leere Streichholzschachtel. Alle, auch das letzte, waren nun verbrannt. Sie hatten alle 20 ihre Schuldigkeit getan, hatten Licht und Glanz und Wärme verbreitet. Sie hatten es den Menschen hell und behaglich gemacht und in ihren Fierzen das Glück und die Freude ent¬ zündet. 9. Ja, das hatten sie getan. Und es ist schön, wenn man sagen kann, daß man das getan hat. Die leere Streichholzschachtel bekam der Anton zum Spielen. An der Wand aber wurde nun eine neue aufgehängt — eine, die wieder ganz voll mit Streichhölzchen war. Und-ja, nun könnte eigentlich die ganze Geschichte wieder von vorn anfangen! Nicht wahr? Sophie Reinheimer.