103. Der unzufriedne Esel. In einem harten Winter wünschte sich ein Esel sehnlich, bald sein kaltes Nachtlager und sein Bündel Stroh mit wärmerem Wetter und einem Mundvoll frischen Grases zu vertauschen. Das wärmere Wetter und das frische Gras kamen; aber mit ihnen zugleich stellte sich so mannigfache Arbeit ein, daß der Esel bald des Frühlings so überdrüssig ward wie des Winters und sich desto mehr nach dem Sommer sehnte. Auch dieser erschien, aber mit ihm zugleich die Ernte. Wie oft mußte jetzt der Esel Korn und Feldfrüchte bald nach Hause und bald in die Mühle tragen! Wie ängstlich seufzte er über den Sommer, und wie inständig wünschte er sich den Herbst herbei! Der Herbst brach endlich an; Apfel, Trauben und andre Früchte wurden reif; Holz und Wintervorräte mußten eingesammelt werden. Nie glaubte der arme Langohr noch so übel daran gewesen zu sein, und aufs kläglichste flehte er den Winter an, doch ja herbeizueilen, weil er dann Ruhe zu finden hoffte. August Gottlieb Meißner (nach Camerarius). 104. Der freue Bund. 'in Kaufmann tat einst eine Reise zu Pferde, nd sein treuer Pudel begleitete ihn zu Fuß. Die Absicht dieser Reise war, von einem etwas entfernten Orte eine ansehnliche Sumnie Geldes abzuholen, die da jemand dem Kauf¬ mann schuldig war. Er empfing das Geld und ritt vergnügt zurück nach Hause. Unterwegs fiel der Mantelsack, in den er den Geldbeutel gesteckt hatte, von dem Pferde herab zur Erde, weil er nicht fest genug ange¬ schnallt gewesen war. Der Kaufmann, der in Gedanken saß, merkte nichts davon; wohl aber merkte es sein treuer Pudel. Er versuchte, ob er den Mantelsack mit den Zähnen aufheben und seinem Herrn nachtragen könnte, aber er war ihm zu schwer. Er lief also hin zu seinem Herrn, sprang an dem Pferde auf und bellte so laut und so unaufhörlich, daß der Kaufmann nicht wußte, was er davon denken sollte. Er gebot ihm zu schweigen, aber umsonst Er gab ihm einen Schlag mit der Peitsche, aber vergebens!