234 Bote: Das könnte Er vielleicht. Ich weiß aber auch, daß Er es nicht tun wird. Meine Vorschläge kosten kein Geld, ich mache dabei auch keine Umstände, da geht es mir immer wie dem Prophet Elisa mit dem Naeman, der auch nicht folgen wollte, da ihm geheißen wurde, er solle sich im Jordan baden. Bürger: Am Ende badete er sich doch und wurde gesund. Laß er doch hören, was Er für Rat zu geben weiß. Wenn er gut ist, warum sollte ich ihn denn nicht befolgen? Bote: Wir wollen sehen. Vorige Woche hatte ich einen Brief nach Schnepfen— tal zu bestellen. Wirt: Wo die vielen Kinder erzogen werden? Bote: Eben dahin. Weil ich nun eben dort war, so bat ich den Burschen, der mir den Brief abnahm, ob er mich nicht ein wenig im Hause herum— führen wollte Er tat es gern; und da er mir alles gezeigt hatte, dachte ich, du mußt ihm doch ein bißchen auf den Zahn fühlen, wie es in Schnepfental mit der Gesundheit stehe? „Sie haben mir alles ge— zeigt,“ sagte ich, „aber das Krankenzimmer habe ich noch nicht gesehen.“ „Das Krankenzimmer?“ fragte er lächelnd, „was sollen wir denn mit dem Krankenzimmer machen? Bei uns ist es nicht mode, daß man krank wird!“ „Wie ist denn das möglich?“ fragte ich weiter. „Ich komme auf meinen Reisen in so viele Häuser und finde selten eins, wo Kinder sind, in dem nicht wenigstens eins siechte und kränkelte. Nun sind hier so viele Kinder aus so vielerlei Ländern. Ist denn davon gar keins krant? „Nicht ein einziges,“ war seine Antwort. „Haben sie denn nicht bisweilen Zahnschmerzen, böse Augen, aus— geschlagene Köpfe, Fieber u. dgl.?“ fragte ich weiter. „Nichts von alledem,“ antwortete er, „und wenn ja einem etwas zustößt, so wird es doch gleich wieder gesund.“ „Aber sagen Sie mir nur,“ fuhr ich fort, „woher es kommt?“ „Da könnte ich Ihm vieles erzählen,“ gab er zur Antwort. „Unsere ganze Lebensart ist darauf eingerichtet, daß unsere Gesundheit erhalten werden soll. Unser Haus ist, wie Er sieht, auf einem freien Platze gebaut, wo wir von allen Seiten frische Luft haben. Täglich werden unsere Zimmer geöffnet, daß frische Luft durchstreichen kann. Das ist auch noch nicht genug; so lange wir nicht arbeiten oder in den Lehrstunden sind, halten wir uns fast immer im Walde und auf dem Felde auf und ziehen die frische, gesunde Luft ein, die uns von den Wiesen und Wäldern ent— gegenkommt. Wie könnten wir denn da krank werden?“ Nun, mein lieber Meister! exrzieht Er denn seine Kinder auch so? Bürger: Das schickt sich für unsereinen nicht. Meine Kinder müssen spinnen und ihr Brot verdienen. Bote: Das ist wohl gut, welche Kinder spinnen denn aber mehr? die ge— sunden oder die kranken? Bürger: Freilich die gesunden. Aber meine Kinder sind ja nicht gesund, wie kann ich sie denn an die frische Luft lassen?