114 wohnt in seinem Leben nicht wieder in einem so gesunden Hause, wie einst in der Kaferne. Aber das alles ist's nicht, was den deutschen Soldaten an seine Kaserne fesselt, sondern die Gründe liegen tiefer: Wenn du nach Jahren wieder vor dem Schulhause stehst,. worin du als Knabe den Unterricht ge— nossen, dann betrachtest du das Haus mit dankbaren Blicken, weil du hinter diesen Mauern das gelernt hast, was dich nachher zu einem brauchbaren und verständigen Manne gemacht hat. Nicht anders ist es mit der Kaserne. Sie ist das Schulhaus für die Männer, worin sie unter der eisernen Disziplin zu starken, an Leib und Seele gesunden Kriegern ausgebildet werden sollen. Wißt ihr noch, Kameraden, wie euch zum erstenmal beim Betreten der Kaserne als Rekruten ein etwas beklommenes Gefühl beschlich, weil ihr ahntet: hier, in dieser meiner Kaserne, tritt nun die Mannszucht an mich heran; hier sollst du deinen Eltern und deinem Vaterlande Ehre machen, hier sollst du deinem Gott den von dir geschworenen Fahneneid halten! Ja, manchen Schweißtropfen hat seitdem die Kaserne von euren Stirnen rollen sehen; manchen inneren Kampf gegen die Schwäche des Willens und eures Fleisches sahen die Steine ihrer Mauern, aber eure Vorgesetzten sahen dies alles auch und waren mit euch zufrieden, und was das wichtigste dabei ist, der allmächtige Gott, der mit seinen Augen in alle Kaserneustüben und Winkel sehen kann, hat's auch beobachtet und euch dafür das ruhige Gewissen nach getäner Pflichterfüllung geschenkt. Und wenn ihr, Kameraden, in der Kaserne beim Dienst, bei der Instruktion, im Verkehr mit euren Vorgesetzten und Kameraden das meiste und beste gelernt habt, wenn ihr eine Menge neuer Kenntnisse hinzu erwarbt, die ihr im späteren Leben verwerten könnt, wenn ihr gelernt habt, euch zu benehmen und vor allem euch selber zu bezwingen, dann habt ihr auch das Haus lieb, worin euch solches alles zuteill geworden. Mancher verweichlichte junge Mann verdankt den zwei Jahren in der Kaserne seine ganze glückliche Zukunft, weil er hier zu einem festen und zuverlässigen Charakter wurde. Was wäre unsere große deutsche Armee ohne die eigenartigen Einrichtungen unserer Kasernen? Man kann wohl sagen: in unseren Kasernen liegt das Ge— heimnis unserer Kraft; denn hier wird vor allem der Geist gepflegt, der uns Deutsche groß und einig gemacht hat, der Geist der Disziplin, die stramme Pflichterfüllung und die treue Kameradschaft. Hier in unseren Kasernen sind die Männer erzogen, die in den drei letzten großen Kriegen unfer einiges Vaterland und unseren Kaiserthron aufgebaut haben. Noch lebt derselbe Geist in unseren Kasernen, und das wird sich auch in allen anderen Kriegen hier oder draußen im Auslande zeigen! Aber so sehr auch das Leben in der Kaserne an den Soldaten die höchsten Anforderungen stellt, so gibt's doch auch in ihr manche Stunde der Erholung und der Freude. Davon will ich nicht sprechen, daß ihr in der Kaserne gut und reichlich verpflegt werdet, so daß mancher Rekrut, der mit blassen Wangen hineinkam, mit dicken und roten Backen wieder hinausging, auch davon nicht, daß diese zwei Jahre zu den sorglosesten eures Lebens gehören, weil ihr euch um keine Nahrung und Kleidung zu bekümmern habt, sondern an die wirklichen Freudenstunden will ich euch erinnern. Wie manches Mal, wenn ihr in euren Stuben sitzt, erzählt ihr euch etwas aus eurem Leben; der eine weiß dies, der andere das. Da macht ihr eure Witze; da pfeift ihr euch ein Lied oder singt's zusammen im Chor. Oder unten in der Kantine fitzt ihr beim Glase Bier und raucht eure Pfeife; gute Bücher stehen euch zur Verfügung, und eine Fülle anregend ge—