92 08 — stahl, Mord, Aufruhr u. 8. v. vergangen hat, wird, sobald seine That bekannt wird, auch wenn kein anderer Bürger für sieh wegen Beschãdi⸗ gung Klage führt, zur Rechenschaft gezogen und nach den Bestimmungen des Strafrechts behandelt. Denn es kommt hier nieht bloss das Recht eines einzelnen in Frage, sondern die Sicherheit und das Ansehen des Staates selbst wüũrde Not leiden, wenn solche Vergehungen ungeahndet und solehe Mitglieder des Gemeinwesens unbestraft blieben. In vielen FPallen, wo es sich um die Bestrafung eines Bürgers handelt, werden bei der Entscheidung ausser den Rechtsgelehrten aueh Manner aus dem Volke als Geschworene oder Schöffen hinzugezogen. Diese haben nur auszusprechen, ob ihnen ein Angeklagter des Verbrechens, dessen er beziehtigt ist, schuldig erscheint oder nicht. Die gelehrten Richter haben hierbei das Amt, duren Voruntersuchung und dureh die Leitung der Gerichtsverhandlung die thatsächlichen Umstände des Vergehens bis ins kleinste Klarzulegen und für den Pall der Schuld die Strafe nach dem Gesetzbuche zu bestimmen. Da die Ge— schworenen auf Grund der angehörten Verhandlung, wobei die Unter- suehungsschriftstücke verlesen, die Zeugen vernommen werden und der Angeklagte sich selbst verteidigen oder dureb einen Rechtsanwalt verteidigen lassen kann, nur ihre Überzeugung auszusprechen haben über die Schuld oder Nichtschuld, so bedürfen sie keiner eigentlichen Rechtsgelehrsamkeit: es genũügt ein Klarer Verstand und ein redliches Gewissen. Wie es bei Gerichtsverbandlungen zugeht, davon kann sich jeder leicht eine Vorstellung verschaffen. da sie in allen höher entwiekelten Staaten, soweit nicht besondere Gründe dagegen sprechen, öffentlich sind. Bei bũürgerlichen Streitigkeiten aber, wo alles lediglich auf die Auslegung des Rechts ankommt, entscheidet allein der fachmännisech ge bildete und vom Staate angestellte Richter. Die Rechtsverhältnisse sind jedoch oft so verwickelt, dass die Richter selbst in Verlegenheit kommen; es kann vorkommen, dass zwei von ihnen über die gleiche Sache eine verschiedene Meinung haben. Deshalb begnügt sich eine gute Rechts- verfassung nicht damit, für alle Falle nur eine einmalige Aburteilung zuzulassen; es Kann der Verurteilte, namentlich in wiehtigen Dingen, ein höheres Gericht (eine obere Instanz) anrufen und 2z. B. vom Pinzel- richter (Amtsrichter) an ein Kollegialgericht (Landesgericht u. 8. w.) appellieren, damit seine Sache nochmals geprüft und ein neuer Spruch gesallt werde. Das höchste deutsche Gericht ist das Reichsgerieht in Leipzig, bei dem gegen 100 berübmte Rechtsgelehrte die allerschwierigsten Rechtsfalle endgiltig entscheiden. Die Rechtsanwaälte sind die FPürsprecher für die streitenden Parteien und notwendig, weil die rechtlichen PFormen so verwickelt sind,