226 — kleiner Bruder kann noch niebt sprechen, aber ich werde für ihn ant- worten. Ja, wir wollen gern mit dir gehen; denn du siehst so gut ausl“ Nun gab der alte Professor dem kleinen Mädehen seinen Stock zum Tragen und nahm den kleinen Knaben auf den Arm; denn der sehliet so sanft, Konnte auch noch nicht laufen. Als der Professor zu Hause anlangte, machte die alte Haushälterin ein bitterböses Gesieht und sagte: „Aber, Herr Professor, was soll denn das heisssen? Erst heute früh haben Sie dem Handwerksburschen Ihre funkelnagelneuen Stiefel ge— schenkt, und als ich dagegen war und sagte: Herr Professor, geben Sie doch die altenl da haben Sie erwidert: Alte Stiefel hat ja der Arme; darum gebe ich ibhm eben die neuen; der arme Handwerksbursche kann sich keine neuen Stiefel anschaffen, ich aber Kann mir ja wieder andere machen lassen. Ja, so hat der Herr Professor geantwortet. Du lieber Gott, was sollen wir mit den Kindern anfangen! Und noch dazu zwei! Wir haben selbst nicht viel zu esson! Dazu verschenkt noch der Herr Professor alles, was er besitzt.“ Der Herr Professor lächelte; denn er wusste, dass die alte Haushälterin auch ein gutes Herz hatte, und sagte: „Wir werden nicht verbungern, unser Herrgott lebt noch!“ Da nahm die Haushãlterin dem Professor den kKleinen Jungen ab, küsste diesen und legte ibn sanft auf ihr Bett, dass er nicht aufwachte, denn er schlief noch immer; dem Madehen aber gab sie zu essen, weil es hungrig war. Bei der Aufnahme dieser beiden Waisen blieb aber der Professor nicht stehen; es fanden sich noch mehrere solcher armen Kinder, und da ihm andere gute Menschen Geld gaben, so baute er ein Haus, wo er alle die Kinder, die Vater und Mutter verloren hatten, hineinbrachte. Das Haus aber steht noch heute zum Segen der Nachwelt. Viele Jahre ist der gute Professor schon tot, aber alljührlich an seinem Geburtstage ziehen die dankbaren Kinder der Anstalt nach dem Kirchhofe und hängen an dem Grabkreuze einen Blumenkranz auf, den allerschönsten auf dem ganzen Kirchhofe, und singen ein schönes Lied. Der Blumenkranz um— schliesst jedesmal den Namen des guten Professors, der Wadzeck hiels. Das Haus aber, das er für die armen, verlassenen Kinder gebaut hat, heisst bis auf den heutigen Tag die Wadzeck-Anstalt. (Leopold Streieh.) Vertrau' auf Gott und rette den Bedrängten! 11. Das Lied vom braven Mann. Hoch klingt das Lied vom braven Mann wie Orgelton und Glockenklang. Wer hohes Muts sich rühmen kann, den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang. Gottlob! daß ich singen und preisen kann, zu singen und preisen den braven Mann.