112 verfeinern und nebenbei sich mit seinem derben, deutschen Wesen von den leichtfüßigen Franzosen verspotten zu lassen. Alles wandte seine Blicke auf Fränkreich. Daheim aber verbrannte man Hexen, folterte die Angeklagten, trieb Goldmacherei und Sterndeuterei. Deutschland wurde von Ludwig XIV. mit der größten Willkür behandelt; er wollte nicht nur im Innern Frankreichs Herr sein; er wollte auch Herr sein in Europa. Das deutsche Elsaß hatte er bereits; da er— klärte er plötzlich, daß er zu alledem, was er vom heiligen deutschen Reich erobert habe, auch noch alles das haben müsse, was jemals damit zusammengehangen, z. B. alle Klöster uünd Ortschaften, die einmal im Lehnsverbande mit Elsaß gestanden hätten und wäre dies auch tausend Jahre her. Hatten seine Rechtsgelehrtlen einen solchen Ort in den Akten gefunden, so ließ er sogleich denselben in Besitz nehmen. Dabei steckten in den berüchtigten Raubkriegen seine Soldaten wie Mordbrenner ganze Städte und Dörfer der Pfalz und des Rheinlandes in Brand. Zahl— reiche Ruinen am Rhein sind noch heute davon stumme Zeugen. Während man in Regensburg auf dem deutschen Reichstage mit fruchtlosen Be— ratungen die Zeit verlor, erscholl auf einmal die Nachricht: Straßburg ist französisch. Am 28. September 1681 hatte Ludwig die Stadt besetzen lassen. Sträßburg, dieser Schlüssel von Oberdeutschland, von dem Karl V. noch gesagt hatte, „wenn Wien und Straßburg zugleich bedroht wären, so würde er zuerst zur Rettung von Straßburg hineilen,“ — dieses wichtige Straßburg war also französisch geworden und das mitten im rieden. Und der deutsche Kaiser sah müßig zu. Unter allen deutschen Fürsten war es der große Kurfürst von Brandenburg, der die Schmach Deutschlands am schmerzlichsten fühlte. Sein Sieg bei Fehrbellin über die gefürchteten Schweden hob zuerst Preußen in der öffentlichen Meinung. Aber das Vollgefühl der Manneskraft ward erst wieder in den Herzen der Deutschen lebendig, als Friedrich der Große 1757 die Franzosen bei Roßbach besiegte. Nach Müller, v. Dumreicher u. Vehse. 49. Friedrich der Große. In den Friedensjahren widmete sich König Friedrich mit dem n nne den Regierungsgeschäften. Nie hat ein Fürst thätiger für eines Volkes Glück gesorgt, als er. „Ich bin,“ sagte er, „des Staates erster Diener. Mein Stand verlangt Arbeit und Thätigkeit; mein Geist und mein Leib beugen sich unter ihre Pflicht. Daß ich lebe, ist nicht nötig, wohl aber, däß ich thätig bin““ Alles ordnete er selber an, sorg— fältig und pünktlich. Schon um vier Uhr des Morgens stand er auf und ing an den Arbeitstisch. Auf alle eingelaufenen Schreiben und Bitt— nlan erfolgte rasch der Bescheid; oft schrieb ihn der König mit eigener Hand in kurzen, treffenden Worten an den Rand. Keinem seiner Unter— thanen verweigerte er das Gehör. „Die armen Leute,“ sagte er, „wissen, daß ich Landesvater bin; ich muß sie hören, denn dazu bin ich da.“ Die freien Stunden, welche ihm die Staatsgeschäfte übrig ließen, widmete er der Musik und wissenschaftlicher Beschäftigung. Auch als Schrift—