Die Ernte. Erntelied. Das Reh. 95 Seht da! Sie bringen den Erntekranz mit bunten Bändern und Flittern, sie eilen alle zum fröhlichen Tanz, 10 die Mädchen mit den Schnittern. Lind alles tanzt und springt, und alles jubelt und singt: „Juchhei, juchhei, die Ernte ist vorbei!" 121. Das Reh. Nach Lermann Wagner. Im schönen Maimond wird das Rehkälbchen an einem stillen, ver¬ steckten Plätzchen im dichten Buschwerk oder im hohen Gras geboren. Es ist so groß wie ein Ziegenlämmchen, gelbbraun und mit Hellen Streifen gezeichnet. Es wird von dem alten Reh gesäugt wie das Kalb von der Kuh und das Füllen vom Pferd. Schon nach wenigen Tagen folgt es der Mutter aus ihren Spaziergängen in den Wald; dann werden die dünnen Beinchen kräftiger und flinker. Es sucht sich die zar¬ testen Grasspitzen heraus oder die weichsten Blätter der Kräuter und verspeist sie. Am Abend bei Dämmerlicht wandern die Rehe aus dem Wald ins Getreidefeld, voran die Ricken mit ihren Kälbchen; ihnen folgt der Rehbock. Dort lagert die Familie, am Tage von den hohen Äalmen versteckt; am Abend oder in der Morgendämmerung schmausen sie die saftigen Erbsen vom Acker oder den §)afer. Ohne Gefahren sind aber die Tage des Rehkälbchens nicht. Einer der schlimmsten Feinde ist der Fuchs, der schlaue Räuber. Gar zu gern schleicht er sich an die weidenden Rehe heran und stellt sich so gutmütig und unschuldig als möglich. Ist ein junges Reh vorwitzig genug, ihm zu nahe zu kommen, und hat die Mutter nicht gehörig acht darauf, so springt er zu, erwürgt das Kälbchen und schleppt es zun: Fraße fort. Ebenso stellen ihm Ahn und Adler nach. Sobald im Spätsommer die Sensen erklingen, wandert die Familie zurück in den tiefern Wald und sucht die alten Lieblingsplätzchen Wieder¬ aus. Die braunen Äaare, welche das Sommerkleid bildeten, fallen all¬ mählich aus, und es wachsen an ihrer Statt neue von graubrauner Farbe. Sie sind aber nicht weich und geschmeidig, wie der Pelz des Marders oder der Katze, sondern ziemlich rauh und brüchig. Im Äerbst verliert auch der alte Rehbock sein Gehörn, und wenn es nicht von selbst abfallen will, stößt er es sich an den Baumstämmen