258 9 den Charakter der Wohnlichkeit. Gewöhnlich liegen diese Häuser auf kleinen natürlichen Erhöhungen unter dem Schatten mächtiger Eichen, gleich kleinen Burgen mit Gräben rings umschlossen. Brücken, hohe Dämme und Fuß— steige verbinden diese Inselsitze. Die Gegend von Burg gilt als besonders malerisch. Einen eigentümlichen Anblick gewährt der Winter. Kaum hält das Eis, so schnallt sich alle Welt Schlittschuhe an. Das arme alte Mütterchen, das sich Raff- und Leseholz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer, Weiber und Kinder, alle gleiten dann pfeilschnell über die spiegelblanken Kanäle. H. A. Daniel. 206. König Friedrich Wilhelm J. Friedrich J. hatte seinem Staate den gebührenden Titel erworben; sein eigentliches Gepräge, den „preußischen Geist“, aber verdankt dieser Staat Friedrich Wilhelm J. Denn von ihm ist damals „dem Heerwesen, der Verwaltung, den Finanzen Preußens die Ordnung gegeben worden, deren Grundformen sich bis auf unsere Tage erhalten und bewährt haben.“ Gleich seine ersten Maßregeln bewiesen seinen Geist. Der Hofstaat seines Vaters wurde aufs äußerste beschränkt, dagegen wurde das Heer um 12 Bataillone vermehrt. Das Heer blieb des Königs wesentliche Sorge; seine Zahl zu erhöhen, seine Schlagfertigkeit zu vergrößern, seinen innern Geist zu stählen, war er unablässig bestrebt. Unbedingte Ergeben— heit für den Kriegsherrn und Wahrung der Ehre wurden damals die Grundsätze des preußischen Offizierkorps. Die Soldaten wurden teils durch Werbung, teils durch Aushebung zusammengebracht. Einem jeden Regimente war ein Landesbezirk (Kanton) angewiesen zur Deckung des Ersatzes; die Söhne der Kaufleute und die ältesten Söhne der Bauern waren dienstfrei. Manche Härte kam bei der Aushebung vor; aber sie war der Anfang zur allgemeinen Wehrpflicht. Auf 90000 Mann brachte der König sein Heer; Frankreich konnte damals 150000, Ostreich 120000 Mann zum Kriege stellen; das beweist am besten Preußens Bedeutung. An innerer Kraft war dieses Heer allen anderen überlegen; das machte der Geist der Offiziere und die vorzügliche Einübung. Über die Lieb— haberei des Königs für die „langen Kerle“ ist viel gespottet worden; man darf aber nicht vergessen, daß dieselbe damals allgemein war; und dann war diese Leibgarde eine Schule für das ganze Heer, gleichsam ein Lehr— bataillon, in welchem neue Versuche geprüft und vorbereitet wurden. Der König selbst bekümmerte sich um alle Einzelheiten des militärischen Dienstes, den er in seltenem Grade beherrschte; ihm zur Seite stand vor allen anderen „der alte Dessauer“; diesem insbesondere wird die Verbesserung der Feuerwaffen durch Einführung des eisernen Ladstockes und die Ein— übung des Gleichschrittes zugeschrieben. Das Ziel, welches erstrebt und auch erreicht wurde, war dies, daß im Gefechte wie auf dem Übungsplatze die Truppen unbedingt in der Hand ihrer Führer blieben. Um diese Kriegsverfassung tragen zu können, mußte die Ertrags— fähigkeit des Staates erhöht werden, und das war nicht möglich ohne