235 einem hölzernen Niegel verschießen. Und so kamen wir ohne weitere Schroie- rigkeiten in den innern Raum der Hütte, die zu zwei Dritteln ihrer Höhe -mit Heu angefüllt war. Die Leiter, diese fliegende Treppe, zogen wir uns nach und hängten fle an einen Zapfen unter dem Dache, damit, wie der Schneider sagte, die Wölfe und Bären sich den Appetit vergehen laßen müßten, wenn sie uns etwa witterten. Altch streiften einige Ausreißer in den Tauern umher, und diese waren noch weniger willkommen zu heißen, als jene Bestien. In dem Speicher befanden wir uns weit beßer, als in so manchem Wirtshause auf dem übrigen Theil unseres Weges an das adriatische Meer. Die Hütte, ganz aus Holz erbaut, war noch neu und gegen Wind uird Wet¬ ter wol verwart. Das wolriechende Vergheu hatte fast noch seine volle Sommerwärme, wenigstens die Temperatur der warmen Herbsttage, die dem Unwetter fast einige Wochen ohne Unterbrechung vorangegangen waren. Kopfkissen und Decken konnten wir uns aus demselben leicht bereiten, wenig¬ stens der Erzähler mit der Fertigkeit, die er sich als Knabe ln so manchem Heumagazin seiner Heimat angeeignet hatte. — Als wir uns aus unserem Verrathe mit Speise und Trank erquickt hatten, schloßen wir auch den La¬ den mit einem tragbaren Nachtriegel, welchen mein Freund, der süddeutschen Wirtshäuser wegen, zur Vorsorge mitgenommen hatte. In der Hoffnung am nächsten Morgen wieder weiter ziehen zu können, schliefen wir ein und die ganze Nacht hindurch fort. Aus unserem Schlafe erwacht, öffneten wir das Fenster der Arche. Das Wetter hatte sich noch nicht geändert. Wir mußten bleiben, und sahen einem langweiligen Tage entgegen, wie Seeleute in einer Windstille. Dazu rieth uns der Führer beim Frühstück, unseren Speisevorrath möglichst zu sparen, weil es sein könnte, daß wir in unserer Hütte noch länger als einen Tag damit wirtschaften müßten. Er selbst sei einmal in einem solchen Speicher, wie in einem Blockhause von Wind und Schnee belagert, zwei Tage und Nächte gelegen. Wären übrigens wir Wanderer aus dem Altmühlthal allein in der Arche gewesen, so würden wir gewis den größten Theil des Tages mit Schla¬ fen zugebracht haben, und wir müßen es heute noch dem wackern Mann von ber Nadel zuschreiben, daß es auch nicht eine Viertelstunde lang dazu kam. Ohne ein überlästiger Schwätzer zu sein, wußte er unsere Ohren immer in Anspruch zu nehmen und auf eine eben so wenig ermüdende als aufdring¬ liche Weise aus dem Schatze seiner Erfahrungen ein Ding nach dem andern hervorzuholen. Nachdem wir ihn unter andern gefragt hatten, warum jene sechs Män¬ ner von Malnitz, welche das gichtbrüchige Weib über die Tauern trugen, eine Wallfahrt nach Hofgastein gelobt und unternommen hätten, gab er unS