10 und trinkt einen Schoppen; und da dieser so gut schmeckt, trinkt er noch einen. Aber wie er jetzt fort will, kommt der Maurer Philipp, sein guter Freund und Kumpan, dem trinkt er einen zu, und bald kommt der dritte Schoppen. Und der ist noch nicht der letzte, sondern bekommt noch viele Kameraden; sintemal der Maurer Philipp und der Tischler Stoffel nachts um 11 Uhr noch bei einander sitzen. Stehen können sie auch nicht mehr bei einander; denn der Stoffel ist, als er's probierte, dem Philipp plötzlich zu Fuße gefallen und hat seine Kniee umfaßt. „Aha,“ dachte er, „so sieht's aus; nun ist's Zeit, daß ich heimgehe“. Überdies war schon ein Polizeidiener da gewesen und hatte den versam— melten Gästen befohlen nach Hause zu gehen. Asso trennten sich die beiden Freunde, und der Stoffel machte sich auf den Heimweg. Er muß aber doch gleich vor der Stadt probieren, wie tief der Chausseegraben ist; er kann's nicht lassen und legt sich mit seiner ganzen Leibesgröße hinein, also daß die neuen Stiefel, die er über die Achsel gehängt hat, eingeweiht und eingeweicht wurden, ehe er sie an den Fuß brachte. „Es ist doch schade um die neuen Stiefel,“ spricht der Stoffel zu sich selbst, als er sich aus dem Graben wieder herausgeholfen hat; „ich will doch lieber umkehren und sie dem roten Löwenwirt zum Aufheben geben. Morgen in aller Früh hol' ich sie ab; es ist ja nur ein Katzensprung.“ Also kehrt der Stoffel wieder um und giebt seine Stiefel dem roten Löwenwirt zum Aufheben. „Ich könnte sie verlieren in der Finsternis; morgen früh hol' ich sie wieder ab sagte er. Als am andern Mittag der Stoffel erwacht, fallen ihm gleich die Stiefel wieder ein; flugs zieht er Rock und Hose an, die noch am Ofen hängen zum Trocknen — denn seine Frau hat sie auswaschen müssen — und spaziert nach L. zum roten Löwenwirt, um die Marktstiefel abzu— holen. Unterwegs hustet er mehrmals, denn es ist ihm gar nicht recht im Magen, und im Kopfe hämmert's wie auf einem Amboß. Deshalb hat er sich schon entschlossen, aus dem Löwen zu gehen, ohne einen Schoppen zu trinken; es wäre dies jedoch das erste Mal gewesen in seinem Leben. Allein der Mensch denkt und am Ende geht's doch anders, als er denkt. So auch beim Stoffel. Als er zur roten Löwenwirtsthür hereintritt, sitzt ein Bekannter von ihm da, zwar nicht der Maurer Philipp, aber der krumme Schuh— macher Mattheus, und der hat einen Schoppen vor sich und bringt's dem Stoffel. „Kann ich oder kann ich nicht?“ fragt dieser bei sich selbst; „mein Magen ist gar zu schlecht. Nun, probier's einmal; der Hund, der mich am Abend beißt, muß mich am Morgen wieder lecken.“ So thut er dem krummen Schuhmacher Mattheus Bescheid und muß nun Schand und Ehrenhalber doch auch einen Schoppen kommen lassen und Düurstes halber noch einen. Und so saß er Schand' und Ehren halber nachts um 11 Uhr noch da; und lag spaͤter im Chausseegraben am näm— lichen Platze, wo er gestern gelegen, bis ihn ein Postillon, der vorüber— fuhr, auf seinen Postkarren lüd und daheim vor seiner Hausthür ablud. Da bringe ich Schwarzwildbret,“ sagte er zur Frau Stoffel.