160 Fünfter Abschnitt. nehmen Bürgerfamilien gekleidet waren, erkennt man aus dem Bilde Dürers, welches die Verlobung der heiligen Jungfrau darstellt. Über einem Unterkleide von Samt, welches nur in den weit auf die Hand reichenden, engen Ärmeln sichtbar wird, trägt Maria ein kostbares, pelzbesetztes Oberkleid mit Schleppe und Hängeärmeln, auf dem Kopfe eine kleine Haube und den Schleier. Unter ihren Begleiterinnen zeichnet sich eine Nürnbergerin von gutem Stande in faltenreichem Regenmantel und weitbauschender Leinenhaube aus. 13. Albrecht Dürer. Nach G. Fr. Waagen, Handbuch der Malerkchulen. Stuttgart, 186-'. Albrecht Dürer wurde 1471 zu Nürnberg geboren und wuchs, da es dem Vater, einem Goldschmiede, sehr teuer wurde, für achtzehn Kinder den Lebensunterhalt zu gewinnen, unter harten Entbehrungen auf. Dem Wunsche seines Vaters gemäß lernte er als Knabe mit vielem Erfolge die Gold¬ schmiedekunst. Da er aber mehr Lust zur Malerei zeigte, tat ihu der Vater im Jahre 1486 in die Lehre zu Michael Wohlgemuth. Nachdem er dort drei Jahre sehr fleißig gewesen, begab er sich auf eine vierjährige Wander¬ schaft. Bald nach seiner Rückkunft, im Jahre 1494, verheiratete ihn sein Vater mit Agnes Frey, einer Frau, welche ihm durch Geiz und Eifersucht sein ganzes Leben ungemein verbitterte. Zu Anfang des Jahres 1506 machte er eine Reife nach Venedig, wo er während eines fast einjährigen Aufenthaltes sich am meisten an den damals schon sehr betagten Giovanni Bellini anschloß, unerachtet angestrengter Arbeit aber noch eine große Schuld machen mußte, deren Bezahlung im folgenden Jahre ihm sehr sauer ge¬ worden ist. Der Kaiser Maximilian I. hielt ihn persönlich wert und gab ihm für Zeichnungen zu Holzschnitten mehrere Jahre hindurch ein Gehalt von hundert Gulden rheinisch. Auch Karl V. und sein Bruder Ferdinand I. hielten ihn in hohen Ehren. In Venedig bot nian Dürer 200 Dukaten, in Antwerpen 300 Philippsgulden als jährliche Besoldung an, wenn er dort seinen Wohnsitz nehmen wolle. In seiner Vaterstadt Nürnberg da¬ gegen hat er, wie er in einem Schreiben an den dortigen Magistrat aus¬ drücklich sagt, innerhalb dreißig Jahre nicht für fünfhundert Gulden Ar¬ beit erhalten. So konnte sein Genie bei der Ärmlichkeit seiner persönlichen Verhältnisse nie zur gehörigen Entfaltung kommen. Um seine Umstände durch den Verkauf seiner Kupferstiche und Holzschnitte, der Hauptquellen seines Erwerbes, zu verbessern, machte er im Jahre 1520 und 1521 eine Reise nach den Niederlanden, wo er zwar die Genugtuung der allgemeinsten Anerkennung hatte, wie er denn namentlich von den Künstlern in Antwerpen, Gent und Brüssel außerordentlich gefeiert wurde, aber den Zweck seiner Reise so wenig erreichte, daß er, um nur wieder nach Hause zu gelangen, sich genötigt sah, hundert Goldgulden aufzunehmen. In den letzten sieben Jahren seines Lebens muß der Erlös aus dem Verkaufe seiner Blätter indes ergiebiger gewesen sein, indem der Wert seines sämtlichen Nachlasses bei seinem den 6. April 1528 an der Auszehrung erfolgten Tode sich auf etwa 6000 Gulden belief. Dürer vereinigte echte Frömmigkeit, Wahrheit, Gemütlichkeit und Treue mit einer seltenen Bescheidenheit, Einfachheit und Langmut, einer außer- '