477 Bald hing mein Auge freudetrunken Hier an den Felsen schroff und wild. Bald war die Seele still versunken Dort in der Ferne Rätselbild. Die dunkle Ferne sandte leise Die Sehnsucht, ihre Schwester, mir; Und rasch verfolgt' ich meine Reise Den Berg hinab zu ihr, zu ihr: Wie manchen Zauber mag es geben, Den die Natur auch dort ersann! Wie mancher Biedre mag dort leben, Dem ich die Hand noch drücken kann! 213. Das Gewitter. Noch immer lag ein tiefes Schweigen Rings auf den Höh'n; doch plötzlich fuhr Der Wind nun auf zum wilden Reigen, Die sausende Gewitterspur. Am Himmel eilt mit dumpfem Klange Herauf der finstre Wolkenzug: So nimmt der Zorn im heißen Drange Den nächtlichen Gedankenstug. Der Himmel donnert seinen Hader; Auf seiner dunkeln Stirne glüht Der Blitz hervor, die Zornesader, Die Schrecken auf die Erde sprüht. Der Regen stürzt in lauten Güssen; Mit Bäumen, die der Sturm zerbrach. Erbraust der Strom zu meinen Füßen, Doch schweigt der Donner allgemach. Der Sturm läßt seine Flügel sinken. Der Regen säuselt milde Ruh: Da sah ich froh ein Hüttlein winken Und eilte seiner Pforte zu. 214. Kerlfftlieä. Durch die Wälder streif' ich munter. Wenn der Wind die Stämme rüttelt Und mit Rascheln bunt und bunter Blatt auf Blatt herunterschüttelt. Denn es träumt bei solchem Klange Sich gar schön vom Frühlingshauche, Von der Nachtigall Gesänge Und vom jungen Grün am Strauche. Lenau. Lenau.