Freytaü: Der Beginn einer neuen Zeit. — ütaitfe: Karl V. H5 suchte die Gemalten der Natur, die Zugkraft des Atagnets, die Elastizität der Luft, die Brechung des Lichtstrahls; man erfand immer neue Werk¬ zeuge, die die Sinne schärften und ergänzten. Schnell öffneten sich dem Auge neue Welten; wie der Mensch den Weg durch die geheimnisvolle Dämmerung des Ozeans ahnend kombinierte, so fand er bald sichere Pfade durch die ungeheueren Räume des Äthers. Und in der Fülle der neuen Eindrücke sucht die Seele vorsichtig einen festen Halt. Auffallend schnell und allgemein elltwickelt sich die Freude am Messen und Rechnen, an der streng gesetzlichen Entwicklung der Zahlen und Größen auseinander, an der unbedingten Sicherheit ihrer Beweise. Die Zucht und strenge Methode der mathematischen Wissenschaften zieht die suchende, ungeschulte Seele mit unwiderstehlicher Gewalt an. Während das Volk nicht müde wird, den wundervoll künstlichen Bau der Nürnberger Taschenuhren zu bewundern und sich immer wieder nach dem gedruckten Büchlein Sonnenuhren an die Mauern zeichnet, findet Kopernikus die Bewegung unseres Sonnensystems, beobachtet Galilei die Trabanten des Jupiter, erkennt Kepler kurz vor den Schrecken des Dreißig¬ jährigen Krieges die großen Gesetze des Falles und des planetarischen Umlaufs. Durch zwei Jahrhunderte wurden die mathematischen Wissenschaften Grundlage des geistigen Fortschrittes. Mit ihnen das Studium der Natur, das auf Wägen und Blessen, auf Scheiden und Verbinden der einzelnen Stoffe beruhte, nächst der Astronomie die Chemie. Das Zu¬ sammengesetzte in Einheiten aufzulösen, durch Zusammensetzung der Ein¬ heiten neue Bildungen hervorzubringen, das wurde erstrebt. 40. Karl V. Leopold von Ranke. Sämtl. Werke. Leipzig. Wenn die alte Sage ihre Helden schildert, gedenkt sie zuweilen auch solcher, die erst eine lange Jugend hindurch untätig zu Hause sitzen, aber alsdann, nachdem sie sich einmal erhoben, nie wieder ruhen, sondern in unermüdlicher Freudigkeit von Unternehmung zu Unternehmung fortgehen. Erst die gesammelte Kraft findet die Laufbahn, die ihr angemessen ist. Man wird Karl V. mit einer solchen Natur vergleichen können. Bereits in seinem sechzehnten Jahre war er zur Regierung berufen; doch fehlte viel, daß er in seiner Entwicklung dahin gewesen wäre, sie zu übernehmen. Lange war man versucht, einen Spottnamen, den sein Vater gehabt, weil er seinen Räten allzuviel glaubte, auch auf ihn zu übertragen. Sein Schild führte das Wort: „Noch nicht." Selbst während seine Heere Italien unterwarfen und wiederholte Siege über die tapferster: