152 VIT. Aus der Geschichte. legen, getäuscht, so wurden sie durch das wenig verhüllte Streben nach dem Ziel seiner Wünsche nur besorgter und durch den Stolz seines Betragens gereizt. Als ihm der gesamte Senat, die Konsuln an der Spitze, die Beschlüsse überreichte, die ihm die glänzendsten Ehren¬ bezeugungen zuerkannten, empfing er sie, auf seinem goldenen Ehren¬ stuhl sitzend, ohne aufzustehen. Die Leibkohorten, die ihn während der Kriege begleitet hatten, entließ er zwar, lehnte auch zum Schein den angebotenen Königstitel ab; aber die Volkstribunen, die diejenigen, die ihn als „König" begrüßten, zur Strafe zogen, entsetzte er ihres Amtes und steigerte dadurch den Unwillen um so mehr, als dieses Amt nach alten Gesetzen für heilig und unverletzlich galt. Als ihm der Konsul Antonius bei einer Festfeier auf öffentlichem Markte ein Diadem aufsetzen wollte, nahm er es zwar nicht an; aber jedermann sah, daß er dabei nur der Stimme des Volkes nachgab, das seinen Unwillen laut zu erkennen gegeben hatte. Wie nun durch solches Benehmen der Unwille und die Erbitterung immer allgemeiner wurde, entspann sich unter den angesehensten Männern eine Verschwörung, um durch Ermordung des Alleinherrschers die freie Verfassung wiederherzustellen. Unter diesen befanden sich seine vertrautesten Freunde und Männer, die er mit Gnaden und Wohltaten an sich gefesselt zu haben glaubte. An der Spitze standen Marcus Junius Brutus und Gajus Cassius. Brutus stammte von jenem ältern Brutus, der den König Tarqui'nius vertrieb. Von sanftem und ernstem Charakter, durch Unterricht und philosophische Grundsätze gebildet, war er für alles Große und Edle empfänglich, durch Lauterkeit des Herzens und Geradheit der Gesinnung aus¬ gezeichnet. Daher schoben selbst die Feinde das Gehässige der Tat auf Cassius, der ein leidenschaftlicher Mann war, und man sagte, Brutus hasse die Tyrannei, Cassius den Tyrannen selbst. Wie sehr er aus Grundsatz handelte und das öffentliche Wohl dem seiner Familie voranstellte, hatte, er beim Ausbruch des Krieges zwischen Cäsar und Pompejus bewiesen. Letzterer hatte ohnlüngst des Brutus Vater töten lassen; dennoch trat Brutus auf die Seite des Pompejus, weil er dessen Sache für die gerechte hielt. Nach der Schlacht bei Pharsalus verzieh ihm Cäsar, ehrte ihn ganz besonders und nahm ihn unter seine vertrautesten Freunde aus; ja, es hing nur von ihm ab, der erste unter diesen zu sein und an Cäsars Macht so viel Anteil zu nehmen, als er wollte. Aber die Verschworenen hielten nicht minder auf ihn und glaubten, durch seinen Beitritt werde gewissermaßen die Gerechtigkeit ihrer Sache bestätigt. Seine Freunde, die sich unter ihnen befanden, suchten ihn daher zur Teilnahme zu bereden und tadelten ihn, daß er sich von dem Tyrannen durch Gunstbezeugungen verweichlichen ließe.