118 122. Das Lied vom braven Mann. 11. Wer ist der Brave? Ist’s der Graf? Sag an, mein braver Sang, sag an! Der Graf, beim höchsten Gott! war brav; doch weiss ich einen bravern Mann. — 0 braver Mann! braver Mann! zeige dich! Schon naht das Verderben sich fürchterlich. 12. Und immer höher schwoll die Flut, und immer lauter schnob der Wind, und immer tiefer sank der Muth. 0 Retter! Retter! komm geschwind! Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach; laut krachten und stürzten die Bogen nach. 13. „Hailoh! hailoh! frisch auf gewagt!“ Hoch hielt der Graf den Preis empor. Ein jeder hört’s; doch jeder zagt; aus tausenden tritt keiner vor. Vergebens durchheulte mit Weib und Kind der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind. 14. Sieh, schlecht und recht ein Bauersmann am Wanderstabe schritt daher, mit grobem Kittel angethan, an Wuchs und Antlitz hoch und hehr. Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort und schaute das nahe Verderben dort. 15. Und kühn in Gottes Namen sprang er in den nächsten Fischerkahn; trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang kam der Erretter glücklich an. Doch wehe! der Nachen war allzu klein, der Retter von allen zugleich zu sein. 16. Und dreimal zwang er seinen Kahn trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang; und dreimal kam er glücklich an, bis ihm die Rettung ganz gelang. Kaum kamen die letzten in sichern Port, so rollte das letzte Getrümmer fort. — 17. Wer ist, wer ist der brave Mann? Sag an, sag an, mein braver Sang! Der Bauer wagt’ ein Leben dran; doch that er’s wol um Goldesklang? Denn spendete nimmer der Graf sein Gut, so wagte der Bauer vielleicht kein Blut.