302 Der Streit mit andern behagt der Birke nicht, sie liebt die stille, frieden¬ reiche Stelle, um die sie keine andere Pflanze beneidet! Sie nimmt vorlieb mit der sandigen Heide, mit dem steilen Bergeshange, an dem wenig andre Pflanzen sprießen mögen. Sie fliegt hinauf auf das Gemäuer des alten Schlosses, klammert sich am Kirchtürme des zerfallenen Klosters, an der Felsenspitze des Gebirges an, wo keine Hand sie erreichen kann. Sie scheut sich nicht vor Frost und Sturm und bildet im hohen Norden, weit innerhalb des eisigen Polarkreises, noch meilenlange freundlichgrüne Wälder, selbst da, wo die Liche und Buche längst nicht mehr wachsen mögen. Das junge Stämmchen und die jungen Zweige sind bräunlichgrau, bedeckt mit zarten haaren. Sowie sie altern, bilden sich auf ihnen Helle Höcker und endlich eine blendend weiße Binde, reich an harz und Gl. wegen dieses Gehaltes schützt sie den Baum vortrefflich und ist fast un¬ verweslich. Zugleich erscheint nun der hohe, schlanke Stamm in jungfräu¬ lichem Bleide, als sei er angetan mit weißem, schöngeplättetem Sinnen. Schlank und zierlich verzweigen sich die Bste,- schön geschwungen hängen sie in sanftem Bogen anmutig abwärts. Jedwedes duftige, Helle Blatt erscheint uns wie ein grünes herz. Uns dünkt, als fühle es, wenn linde Maien- luft warm und wonnig den Baum umfächelt, als zittre es, sobald der Donner und Wettersturm unfreundlich grollend zu ihm sprechen. 3m Um¬ riß ist das Blatt fast viereckig, nach vorn gespitzt, am Bande mehr odep weniger scharf ungleich gesägt. Die glänzend frische Fläche ist mit schönen Bdern vielfach durchzogen. Bescheiden, klein und schmucklos sind die Blütentrauben, die an den langen, dünnen Zweigen hängen. Sie sind von zweierlei Beschaffenheit. Die einen sind schon während des Winters am kahlen Baume deutlich zu bemerken, bilden länglichrunde Bätzchen von bräunlicher Farbe, aus kleinen Schuppenblättchen zusammengesetzt. Bn diesen Schuppen sind die Staubgefäße angeheftet, die zur Blütezeit im Mai kleine Wolken von gelbem Blütenstaub ausstreuen. Sobald sich die jungen Blätter aus den Blattknospen entwickeln, kommen auch die Blüten¬ trauben der zweiten Form zum Vorschein. Schmaler und schlanker als die ersteren, sind sie saftig grün gefärbt und bergen hinter ihren Schuppen die Bnfänge der Samenkörner, die Fruchtknoten mit je zwei Griffeln. Ein ganzes Gefolge größerer und kleinerer Tiere schließt sich an die Birke und die hellgrünen Birkenwäldchen an. Bn ihren Wurzeln nagen gern die Engerlinge und puppen sich zwischen dem dichten Geflechte ein, um im nächsten Frühlinge als Maikäfer hervorzukommen und nun auch die Blätter zu kosten. Besonders unter jungen Birken graben Maulwurfsgrillen gern ihre unterirdischen Gänge. Bn dem würzigen Laube zehren die Sahlweidenblattkäfer und Birkenrüsselkäfer, die Larven des Birschbaum- spinners, Birkenspanners und der hornisblattwespe. 3m holz sogar siedeln