153 Das taugt so altem Manne nicht; besser säßest du am Herdfeuer und wärmtest deinen alten Leib." — „Mit nichten konnte ich mich pflegen daheim am Feuer," entgegnete der alte Recke. „Geritten und gestritten habe ich auf mancher Heerfahrt; im Kampfe ist mein Haar ergraut, und mit Ehren bin ich alt geworden." — „Herunter vom Roß," schalt der Junge wieder, „und gieb dich mir zum Ge¬ fangenen! Sonst raus' ich dir den grauen Bart und nehme dir deinen Harnisch und deinen grünen Schild!" — „Mein guter Harnisch, mein grüner Schild, sie schützten mich oft vor schlimmen Streichen. Auch jetzt sollen sie mir Schutz gewähren wider dich jungen Fant, so Gott will!" Da griffen sie zu den Schwertern und liefen einander an. Groß war des alten Hildebrand erprobte Waffenkunst, aber gegen des jungen Recken kraftvolle Schläge half sein Schirmen wenig; der schlug ihm einen harten Schlag, daß Hildebrand von Herzen erschrak. Doch er faßte sich und ersah seinen Vorteil. Mit raschem Sprunge unterlief er des Gegners Schwert und umschlang mit starken Armen den Jüngling. Ein Ruck — und auf den Rücken flog er ins grüne Gras. Da lachte der Alte: „Wer sich an alten Kesseln reibt, der schwärzt sich. So geschieht es dir naseweisem Jungen recht. Doch sage mir und beichte, ich will dein Beichtvater sein: Wer bist du? Vielleicht lasse ich dich dann am Leben." — „Ich bin ein junger Degen aus stolzem Geschlecht; meine Mutter heißt Frau Ute und ist eine Herzogin; Hildebrand ist mein Vater, doch habe ich ihn nie gesehen." — „Heißt deine Mutter Frau Ute, so wisse, daß ich Hildebrand, dein lieber Vater, bin," ries froh der Alte. Auf schloß er seinen goldenen Helm und küßte ihn auf den Mund: „Gott sei gelobt, daß wir beide noch gesund sind!" Aber der Sohn begann zu klagen: „Ach, lieber Pater mein, die Wunde, die ich dir geschlagen, die wollte ich dreimal lieber an meinem eigenen Haupte tragen." — „Nun schweige still, mein lieber Sohn!" beruhigte ihn der Alte. „Für die Wunden wird sich schon Rat finden; gelobt sei der reiche Gott im Himmel, der uns wieder vereinigt hat!" Da ritten sie heim, und Hadubrand gab seinen Vater für seinen Gefangenen aus. Als sie aber bei Tische saßen, konnte sich die alte Mutter Ute nicht genug wundern über die große Ehrerbietung, die ihr Sohn dein Gefangenen bewies. Da sagte Hadubrand: „Nun scheltet mich nicht, Frau Mutter, daß ich meinen Gefangenen nicht strenger bewache! Er hat mich auf der Heide fast zu Tode geschlagen