511 ^inb sie aber einmal in die norddeutsche Seeenplatte eingedrungen, dann kehren sie wieder in die alte Richtung zurück. Die an der Oberfläche überall vorherrschenden Diluvialgebilde zeigen äußerst ungleiche Grade der Bodenfruchtbarkeit, jenachdem sie aus Lehm und Thon, Sand, Kies oder Mergel bestehen, von Torf¬ mooren oder Humusschichten bedeckt sind. Das Sandland ist die Heimat der dürren Heide und schattenarmen Kiefernwälder, während >ehm und Thon, Mergel und HunMs von den üppigsten Fluren be¬ deckt sind. Den Mergel, wo er einzeln auftritt, beutet der Landwirt für seine Felder aus, Lehm und Thon werden in Baumaterialien und häusliche Geschirre verwandelt. Als Baumaterial dient hier und da auch der Torf; der Raseneisenstein wandert in benachbarte Hochöfen, und die großen erratischen Felsblöcke, die nach einer Hypothese der Geologen auf schwimmenden Eisschollen aus Skandinavien nach Deutsch¬ land eingewandert sind, dienen den gemeinsten und den erhabensten Zwecken. Begierig greift in den felsenlosen Niederungen der Straßen¬ bauer wie der Pflasterer nach diesen festen Wanderblöcken. Aus Kalk¬ stein bestehend, sind sie höchst willkommene Vertreter weit und breit mangelnder Kälkflötze. Die schönen granitenen Findlinge aber wählt sich der Künstler aus, um sie entweder selbst in Kunstwerke zu ver¬ wandeln oder wenigstens seine Statuen darauf ruhen zu lassen. Sie sind im fremden Lande ein reicher Segen geworden und die Denk¬ steine einer merkwürdigen geologischen Periode, in welcher nordische Eisschollen bis an die deutschen Gebirge herangetrieben und den hei¬ mischen Grabstein eines schwedischen Königs aus dem Schlachtfelde bei Lützen bereit hielten. Die norddeutsche Tiefebene bildet kein in sich abgeschlossenes natürliches Gebiet. Nur gegen Nord und Süd ist sie von der Natur begrenzt durch Meer und Gebirge, nicht aber gegen Ost und West. Wir können uns darum nicht wundern, wenn ihre politische Gliede¬ rung im Lauf der Jahrhunderte eine vielfach wechselnde gewesen ist, jenachdem östlich, südlich oder westlich angrenzende Stämme, die eigenen Bewohner oder die jenseit der Ostsee zu größerer Macht gelangten. In einer Zeit, von welcher nur die Sage und einzelne Reiseberichte Kunde geben, erstreckten sich die Sitze der Deutschen bis an die Weichsel, wo sie Nachbarn der Preußen und anderer lettischen Völker waren. Nach der Völkerwanderung finden wir ein anderes großes, zahlreiches Volk in den alten Sitzen der Deutschen, von der Weichsel