557 dazu bestimmten weißen Gewändern, welche in Jerusalem feilgeboten werden. Die meisten füllen Flaschen mit dem für heilig gehaltenen Wasser und sammeln Steinchen aus dem Strombette in lederne Beutel zum Geschenke für Freunde in der fernen Heimat. Andere wieder tauchen in die geweihten Fluten mitgebrachte Zeuge, bestimmt zu Sterbegewändern für sich und die Irrigen: denn es herrscht der fromme Glaube, daß der Christ, angethan mit demselben, sanfter im Grabe schlummere. Nach den Abwaschungen besuchen die Pilgerscharen gewöhnlich den Elisa-Brunnen am Fuße eines nahen Berges, dieselbe Quelle, welche der Prophet (2. Kön. 2, 19) nach alttestamentlichem Zeugnisse trinkbar machte. Aus dem Berge (Quarantania) hielt sich der Tradition nach Jesus während seiner 40tägigen Fasten auf und ward hier versucht. Ein altes, halb verfallenes Kapellchen krönt den Gipfel des Berges, und an dessen Fuße ist eine Menge Höhlen, früher die Wohnungen christlicher Einsiedler, aber verlassen seit Jahr¬ hunderten. Die Wallfahrt beschließt eine Wanderung nach dem toten Meere. Der Weg dahin führt zuerst durch eine sandige, baumlose Ebene, dann durch ein zu tiefen Schluchten gewaltsam aufgerissenes, felsiges Gelände und ist sehr beschwerlich. Der Pflanzenwuchs wird, je näher man dem toten Gewässer kommt, immer ärmlicher: niedrige, krüppelhafte Sträucher treten an die Stelle der hohen Pappeln und Platanen, und ein binsenartiges, dürres Gras an die der saftigeren, in bunten Farben blühenden Gewächse. Auch die organische Welt flieht den unheimlichen Boden; am See singt kein Vogel, springt die Gazelle nicht, summt kein Käfer, flattert kein Schmetterling. Die User bilden auf der Seite von Jericho einen hohen Damm von übereinander geworfenen Felsstücken, der in der Nähe die Aussicht verhindert. Erst wenn man jenen erstiegen hat. übersieht man das stille Gewässer, welches in der beträchtlichen Länge von 11 Meilen und 4 bis 5 Meilen Breite das herrliche Thal deckt, wo Sodom und die Schwester¬ städte durch ihre Üppigkeit einst den Zorn des Herrn erregten. Sein Anblick ist schaudererregend. Es breitet sich wie eine ungeheure Tafel von schwarzblauem Lasursteine aus, und eine ins Graue und Gelbe schillernde Steinölhaut hindert, daß der Luftzug die Oberfläche in Wellen furche. Auch nicht das kleinste Moos lebt am Ufer; nichts mildert den Gedanken an Zerstörung und ewigen Tod. Die Fels¬ blöcke, die am Rande liegen, sind mit einem übelriechenden, schwarzen,