38 8. Eine Großtat des bayerischen Volksstammes. Fleihenbache vorgerückt. Ja bereits greift die Kolonisation nach dem sog. Regnitzlande bei Hof über. Es war ein gewaltiges Ergebnis bajuvarifcher Kulturarbeit; von Premberg bis zur Waldsteinkette und bis in das Vogtland hinein 2»o erinnern heute nur noch slavische Orts- und Flußnamen, daß hier ehemals Slaven gesessen. Diese nationale Verschiebung vollzog sich teils durch deutsche Einwanderung teils durch Germanisierung der Slaven, nicht aber durch Vernichtung derselben. Bis an die Wende des 11. und 12. Jahrhunderts sind die Führer 2»5 vorwiegend die Laiengewalten: die Krone, die, wie es in mehreren Urkunden Heinrichs des Heiligen heißt, Knechte und Mägde von anderen ihr eigenen Orten nach dem Nordgau entsendet, die Markgrafen, namentlich die babenbergischen (wie in der Ostmark), die gräflichen und fre-iherrlichen und endlich ganz besonders die zahlreichen Ministe- rialengeschlechter. Dann bekommt das Kolonisationswerk von geistlicher Seite her, während die Laienkräfte immer mehr auf den italienischen Boden abgezogen werden, neue Antriebe durch die Klostergründungen der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, Ensdorf, Michelfeld, Reichenbach, Speinshart, ganz besonders durch die Niederlassung der Zisterzienser 265 zu Waldsassen. Gerade die Ordensvorschrift, fern von den Wohn¬ stätten weltlicher Personen ihren Sitz aufzuschlagen, lieh die grauen Mönche mit Vorliebe Sumpf- und Waldgegenden für ihre Siedelungen wählen. Solche fanden sie vereinzelt in Innerdeutschland, überreich aber waren an solchen die dünn bevölkerten slavischen Lande. 5. 27o sDurch die bayerische Kolonisation wurde ein Kranz von Ländern dem Urwalde und der slavischen Rasse abgerungen, wurde zu den älteren, in der Zeit der Völkerwanderung gewonnenen Stammessitzen ein Neubayern geschaffen. Diesem Neubayern war eine größere Zukunft als dem Mutterlande beschieden. Ihm war der Weg nach 27* dem Osten und damit die Möglichkeit einer immer größeren Aus¬ dehnung geöffnet; es ist nicht zufällig, daß auf neubayerischem Boden eine der deutschen Großmächte entstanden ist. Die Bevölkerung war infolge der täglichen Anspannung aller Kräfte, infolge der günstigen geschlechtlichen Kreuzung mit den Slaven und mit Angehörigen ver- 28» schiedener deutscher Stämme rühriger, regsamer, lebhafter als die schwerfälligeren Altbayern. Das zeigte sich auch auf geistigem Ge¬ biete: die bayerische Nordmark ist die Heimat des tiefsinnigsten Kunst¬ epikers, Wolframs von Eschenbach; in der bayerischen Ostmark er¬ hielten nicht bloß unsere größten deutschen Volksepen ihre letzte Prä- rs5 gung in Wort und Vers, hier lernte auch der größte deutsche Lyriker des Mittelalters, Walter von der Vogelweide, singen und dichten. Gleichwohl ist dieses Neubayern der Stärkung des bayerischen Stammesherzogtums nicht eigentlich zugute gekommen. Die mittel-