auf derselben Stufe, ohne sich weiter zu entwickeln. Die Lage des Wohnsitzes, klimatische Verhältnisse kommen hierbei außer den im Volke liegenden geistigen Bedingungen in Betracht. Schon der römische Schriftsteller Varro, welcher über den Land¬ bau geschrieben hat, unterscheidet einen Naturzustand, in welchem die 5 freiwilligen Gaben der Natur — Früchte wildwachsender Pflanzen — den Menschen zur Nahrung dienen, von der Stufe des Hirtenlebens und der des Ackerbaus. Daß aber zwischen dem Naturzustände und der Stufe des Hirtenlebens noch mindestens eine Entwickelungsstufe liegt, hat er nicht bemerkt. Während nämlich in den wärmeren 10 Ländern die Natur eine reiche Menge wohlschmeckender und saftiger Früchte darbietet, kann in kältern Gegenden durch die Pflanzenkost das Bedürfnis nach Nahrung nur unvollkommen befriedigt werden. Daher muß der Mensch sich in seiner Umgebung nach anderen Dingen umsehen, um seinen Hunger zu stillen. Die wilden Tiere der Wälder, 15 die Fische der Meere und Flüsse werden seine willkommene Beute. Das Fleisch der erlegten Tiere dient ihm zur Nahrung, mit seinem Felle bekleidet er sich zum Teil. Weitere Bedürfnisse kennt der Mensch auf der Stufe des Jagdlebens nicht. Das Wasser der Quelle ist sein Trank, die Bäume des Waldes wölben sich ihm zum Dache 20 während der Nachtruhe, oder es birgt eine Felsenhöhle den ermüdeten Jäger. Der Geselligkeit bedarf er nicht; er sorgt für sich und nur für sich, der Ertrag der Jagd reicht zu seinem Unterhalte vollkommen aus. Seine Arbeit endet also mit dem Beschaffen des täglichen Mund- vorrates. 25 Die Jägervölker bewohnen vorzugsweise den Wald, weil sich hier das reichste Tierleben entfaltet. Der Natur der Sache nach konnten die Heimstätten der Jäger, die Waldgebiete, nur spärlich bewohnt sein. Die Beschäftigung des Jägers war ferner nicht ver- kräglich mit einem Aufschwünge zu höherer Gesittung, da die Jagd 30 stuf einem Gebiete von gewissem Wildreichtum nur eine karg bemessene Bevölkerung ernähren kann, ein Fortschritt in dem Kulturleben aber immer erst da einzutreten pflegt, wo eine gewisse Dichtigkeit der Be¬ völkerung vorhanden ist. Mehrt sich ein Stamm über den Fleisch¬ ertrag seines Waldgebietes hinaus, so werden die Männer teils vom 35 Mangel, teils vom Bewußtsein ihrer überlegenen Zahl getrieben, die Jagdgründe ihrer Nachbarn zu betreten. Die unausbleiblichen Folgen sind Fehden, in denen der stärkere Stamm den schwächeren entweder verdrängt oder vernichtet. Die Fischervölker, welche meist an der Seeküste, seltener an 40