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Zweite Periode. Von 1150—1350. 
*85 Die da Balsamgläser trug. 
Die Königin ohne Falsch und Trug 
Setzte vor den Wirt den Gral. 
Die Märe spricht, daß Parzival 
Sie hab' andächtig lang beschaut, 
290 Der der Gral war anvertraut; 
Er hatt' auch ihren Mantel an. 
Die sieben gingen sacht hindann 
Zu den achtzehn ersten. 
Sie nahmen alle die hehrste 
295 Zwischen sich: zwölf standen ihr 
Zu beiden Seiten, sagt man mir. 
Da stand die Magd, die Krone tragend, 
Schön aus den Gespielen ragend. 
All den Rittern zumal, 
soo Die da saßen in dem Saal, 
Ließ man von den Kämmerlingen 
In goldnen Becken Wasser bringen. 
Je vier bediente einer 
Und ein Junker, ein kleiner, 
805 Der eine weiße Zwickel trug. 
Man sah da Reichtum genug. 
Der Tafeln mußten hundert sein, 
Die man zur Türe trug herein. 
Man setzte jegliche hier 
310 Vor der werten Ritter vier; 
Tischlaken blendend weiß 
Legte man darauf mit Fleiß. 
Der Wirt nun selber Wasser nahm; 
Er war an frohem Mute lahm. 
315 Da wusch sich Parzival zugleich. 
Eine seidne Zwickel bilderreich 
Hielt ein Grafensohn ihm hin, 
Den sah man hurtig niederknien. 
Wo eine Tafel war gestellt, 
320 Vier Knappen sah man da gesellt, 
Daß sie zu dienen nicht vergäßen 
Denen, die an ihr säßen. 
Zwene mußten knieend schneiden; 
Die andern durften's nicht vermeiden, 
825 Sie trugen Speis' und Trank herbei 
Und dienten ihnen nach der Reih'. 
Hört mehr von Reichtum sagen: 
Vier Karossen mußten tragen 
Manchen Becher goldenklar 
880 Jedem Ritter, der zugegen war. 
Die wurden ringsumher gerollt; 
Von vier Rittern ward das Gold 
Auf die Tafeln hingesetzt. 
Ein Schaffner folgte zuletzt; 
Dem war es aufgetragen, 335 
Alles wieder in den Wagen 
Zu setzen, wenn gedienet wäre. 
Nun vernehmet andre Märe. 
Hundert Knappen man gebot, 
Daß sie in weiße Zwickeln Brot 340 
Knieend nähmen vor dem Gral. 
Zurück dann traten sie zumal 
Und verteilten vor die Tafeln sich. 
Man sagte mir, so sag' auch ich 
Auf euren eigenen Eid: 345 
Vor dem Grale war bereit 
(Sollt' ich damit betrügen, 
So helfet ihr mir lügen), 
Wonach einer bot die Hand, 
Daß er alles stehen fand, 350 
Speise warm, Speise kalt, 
Speise neu und wieder alt, 
Fisch und Fleisch, wild und zahm. — 
Denn der Gral war alles Segens Born, 
Weltlicher Süße volles Horn; »55 
Er tat es dem beinahe gleich, 
Was man erzählt vom Himmelreich. — 
Die herrliche Genossenschaft 
Ward bewirtet von dem Gral. 
Wohl bemerkte Parzival 300 
Den Reichtum und das große Wunder; 
Doch nicht zu fragen unterstund er. 
Er gedachte: „Treulich riet 
Mir Gurnemanz, bevor ich schied, 
Viel zu fragen sollt' ich meiden; 365 
Man wird mich hier wohl auch be¬ 
scheiden, 
Wie es dort bei ihm geschah. 
So hör' ich ohne Frage ja. 
Wie es um diese Leute steht." 
Wie er so dachte, sieh, da geht 370 
Ein Knappe her und bringt ein Schwert, 
Die Scheide tausend Marken wert; 
Das Gehilz war ein Rubin; 
Auch war die Klinge, wie es schien, 
Großer Wunder Täterin. 375 
Seinem Gaste gab der Wirt es hin 
Und sprach: „Es half mir in der Not 
Manchesmal, bevor mich Gott 
So schwer am Leibe hat verletzt. 
Ich hoffe, daß es Euch ersetzt, 350 
Was hier fehlt an Eurer Pflege; 
Führt es künftig allewege: 
Ihr seid, erkennt Ihr seine Art, 
Im Streite wohl damit verwahrt."