Rückert. Wilh. Müller. Rob. Reinick. 209 Das durch das Gras auf Gräbern spielt mit seinem leisen Hauch. In ferner Enkel Hause noch um alle Wiegen kreist Auf Hellas'heldenreicher Flur der freien Ahnen Geist. 15 Der haucht in Wunderträumen schon den zarten Säugling an Und weiht in seinem ersten Schlaf das Kind zu einem Mann. Den Jüngling lockt sein Ruf hinaus mit nie gefühlter Lust Zur Stätte, wo ein Freier fiel; da greift er in die Brust - Dem Zitternden, und Schauer ziehn ihm durch das tiefe Herz, 20 Er weiß nicht, ob es Wonne sei, ob es der erste Schmerz. Serab, du heil'ge Geisterschar, schwell' unsre Fahnen aus, eflügle unsrer Herzen Schlag und unsrer Füße Lauf! Wir ziehen nach der Freiheit aus, die Waffen in der Hand, Wir ziehen ans auf Kampf und Tod für Gott, fürs Vaterland. 25 Ihr seid mit uns, ihr rauscht um uns, eu'r Geisterodem zieht Mit zauberischen Tönen hin durch unser Jubellied. Ihr seid mit uns, ihr schwebt daher, ihr aus Thermopylä, Ihr aus dem grünen Marathon, ihr von der blauen See Am Wolkenfelsen Mykale, am Salaminerstrand, 30 Ihr all aus Wald, Feld, Berg und Thal im weiten Griechenland! Wer für die Freiheit kämpft und fällt, des Ruhm wird blühend stehn, So lange frei die Winde noch durch freie Lüfte wehn, So lange frei der Bäume Laub noch rauscht im grünen Wald, So lang' des Stromes Woge noch frei nach dem Meere wallt, 35 So lang' des Adlers Fittich frei noch durch die Wolken fleugt, So lang' ein freier Odem noch aus freiem Herzen steigt. 198. Im Vaterland. (1842.) Von Robert Re in ick. Lieder. Berlin, 1855. 1. Der Lieder Lust ist mir erwacht; Wer hat mir solchen Lenz gebracht? — Das Vaterland. Ich schweifte in der Welt umher Zum schönen Süden übers Meer; Doch was ich nirgend wiederfand, Dein Odem war's, o Vaterland! 2. Des Südens lichter Wunderglanz Verdunkelte dem Auge ganz Das Vaterland. Ich glaubt' in solchem Sonnenschein, Da müßt' ich ewig glücklich sein, Und vor den trunknen Sinnen schwand Dein treues Bild, mein Vaterland! 3. Wie singt der Vögel lust'ge Schar Im Frühling doch so hell und klar Im Vaterland! So singen sie dort draußen nicht, Da strahlt der Tag so heiß und licht; Drum haben sie sich hergewandt Zu dir, mein grünes Vaterland! Paulsiek, deutsches Lesebuch- N- l. 4. Auch ich sang einst aus frischer Brust In deines Frühlings milde Lust, Mein Vaterland! Der Süd hat mir kein Lied gebracht, An Frühling hab' ich kaum gedacht, Ein Zauber hielt mein Herz umspannt, Du löstest ihn, o Vaterland! 5. Was hilft doch alle Herrlichkeit, Giebt Lieb' und Treu nicht das Geleit, O Vaterland! Du gabst sie, als ich von dir schied, Mir als den besten Segen mit; Sie haben mir das Herz gewandt Zurück zu dir, mein Vaterland! 6. Ich kehrte heim, ich ward gesund Und freu' mich nun aus Herzensgrund Im Vaterland; Gleichwie die Lerche schwingt mein Herz Sich wieder jubelnd himmelwärts Und grüßet rings das grüne Land, Das liebe deutsche Vaterland! 14