Erzählungen, Beschreibungen und Schilderungen. 9 oder mach, daß du fort kommst, du hast hier in der Nacht nichts zu schaffen." Der Küster aber blieb unbeweglich stehn, damit der Junge glauben sollte, es wäre ein Gespenst. Ter Junge rief zum zweiten¬ mal: „Was willst du hier? sprich, wenn du ein ehrlicher Kerl bist, oder ich werfe dich die Treppe hinab." «Der Küster dachte: „Das wird so schlimm nicht gemeint sein," gab keinen Laut von sich und stand, als wenn er von Stein wäre. Da rief ihn der Junge zum drittenmal an, und als das auch vergeblich war, nahm er einen An¬ lauf und stieß das Gespenst die Treppe hinab, daß es zehn Stufen hinabfiel und in einer Ecke liegen blieb. Darauf läutete er die Glocke, ging heim, legte sich, ohne ein Wort zu sagen, ins Bett und schlief fort. Die Küstersrau wartete lange auf ihren Mann, aber er wollte nicht wiederkommen. Da ward ihr endlich angst, sie weckte den Jungen und fragte: „Weißt du nicht, wo mein Mann geblieben ist? er ist vor dir aus den Turm gestiegen." „Nein, antwortete der Junge, aber da hat einer dem Schalloch gegenüber aus der Treppe gestanden, und weil er keine Antwort geben und auch nicht weggehn wollte, so habe ich ihn für einen Spitzbuben gehalten und hinuntergestoßen. Geht nur hin, so werdet Ihr sehn, ob er's gewesen ist; es sollte mir leid tun." Die Frau sprang fort und fand ihren Mann, der in einer Ecke lag und jammerte und ein Bein gebrochen hatte. Sie trug ihn herab und eilte dann mit lautem Geschrei zu dem Vater des Jungen. „Euer Junge, ries sie, hat ein großes Unglück angerichtet; meinen Mann hat er die Treppe hinabgeworfen, daß er ein Bein gebrochen hat; schafft den Taugenichts aus unserm Hause!" Der Vater erschrak, kam herbeigelaufen und schalt den Jungen aus. „Was find das für gottlose Streiche? die muß dir der Böse eingegeben haben." „Vater, antwortete er, hört nur an, ich bin ganz unschuldig; er stand da in der Nacht wie einer, der Böses im Sinne hat. Ich wußte nicht, wer's war, und habe ihn dreimal ermahnt zu reden oder wegzngehn." „Ach, sprach der Vater, mit dir erleb' ich noch Unglück, geh mir aus den Augen, ich will dich nicht mehr ansehn." „Ja, Vater, recht gerne, wartet nur, bis es Tag ist, da will ich ausgehn und das Gruseln lernen; so versteh' ich doch noch eine Kunst, die mich ernähren kann." „Lerne, was du willst, sprach der Vater, mir ist alles einerlei. Da hast du fünfzig Taler, damit geh in die weite Welt und sage keinem Menschen, wo du her bist und wer dein Vater ist, denn ich muß mich deiner schämen." „Ja, Vater, wie Jhr's haben wollt; wenn Ihr nicht mehr verlangt, das kann ich leicht inacht behalten."