2 C¶ 128 »5 — flieht die Erscheinung; denn eine riesenhafte Wasserschlange oder ein ge— panzertes Krokodil steigt aus der Gruft hervor, durch den ersten Regenguß aus dem Scheintode erweckt. Schwellen nun allmählich die Flüsse, welche die Ebene südlich begrenzen der Arauka, der Apure und der Payara, so zwingt die Natur dieselben Tiere, welche in der ersten Jahreshälfte auf dem wasserleeren, staubigen Boden vor Durst verschmachteten, als Amphibien zu leben. Ein Teil der Steppe erscheint nun als ein unermeßliches Binnenwasser; die Mutterpferde ziehen sich mit den Füllen auf die höhern Berge zurück, welche inselförmig über den Seespiegel hervorragen. Mil jedem Tage verengt sich der trockene Raum. Aus Mangel an Weide schwimmen die zusammengedrängten Tiere stundenlang umher und nähren sich kärglich von der blühenden Grasrispe, die sich über dem braungefärbten, gärenden Wasser erhebt. Viele Füllen ertrinken, viele werden von den Krokodilen erhascht, mit dem zackigen Schwanze zerschmettert und verschlungen. Nicht selten bemerkt man Pferde und Rinder, die, dem Rachen dieser blutgierigen Eidechsen entschlüpft, die Spur des spitzigen Zahnes am Schenkel tragen. 206. Otahiti. (Joh. Georg Adam Forster.) Ein Morgen war's, — schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, — an welchem wir die Insel Otahiti in einer Entfernung von zwei Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, unser bisheriger Begleiter, hatte sich gelegt; ein vom Lande wehendes Lüftchen führte uns die er— frischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen und kräuselte die Fläche der See. Waldgekrönte Berge erhoben ihre stolzen Gipfel in mancherlei majestätischen Gestalten und glühten bereits im ersten Morgenstrahle der Sonne. Unterhalb derselben erblickte das Auge Reihen von niedrigen, sanft abhan— genden Hügeln, die den Bergen gleich mit Waldungen bedeckt und mit an— mutigem Grün und herbstlichem Braun schattiert waren. Vor ihnen lag die Ebene, von Brotfruchtbäumen und unzähligen Palmen beschattet, deren könig⸗ liche Wipfel weit über jene emporragten. Noch erschien alles im tiefsten Schlafe; kaum tagte der Morgen, und stille Schatten schwebten noch auf der Landschaft dahin. Allmählich aber konnte man unter den Bäumen eine Menge von Häusern und Kanots unterscheiden, die auf den sandigen Strand hin— aufgezogen waren. Eine halbe Meile vom Ufer lief eine Reihe niedriger Klippen parallel mit dem Lande hin, und über diese brach sich die See in schäumender Brandung; hinter ihnen aber war das Wasser spiegelglatt und versprach den sichersten Ankerplatʒ Nunmehr fing die Sonne an, die Ebene zu beleuchten; die Einwohner erwachten, und die Gegend begann sich zu beleben. Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Küste, so eilten einige Insulaner unverzüglich nach dem Strande herab, stießen ihre Kanots ins Wasser und ruderten auf uns zu. Es dauerte nicht lange, so waren sie durch die Offnung des Riffs, und eins kam uns so nahe, daß wir es anrufen konnten. Zwei fast ganz nackte Leute, mit einer Art von Turban auf dem Kopfe und mit einer Schärpe um die Hüften, saßen darin. Sie schwenkten ein großes, grünes Blatt in der Luft und kamen mit einem oft