Curtius: Die olympischen Spiele. 275 denen er in breiten, vielgewundenen Strömungen hinfließt. Das nördliche Ufer nannten die Alten Olympos, ein Name, mit dem die ältesten Einwohner die heiligen Gipfel des Landes bezeichneten. Eingeborene Pelasger haben hier gewohnt und ihren Zeus verehrt. Die Sage neunt einen alten König Oinomaos und Pisa als die Hauptstadt seines Reiches. Gleichzeitig mit der Wanderung der Dorer, welche achtzig Jahre nach dem Falle Trojas in den Peloponnes eindrangen, kamen ätolische Stämme über den Meerbusen von Korinth, und während jene im Süden und Osten auf dem Boden von Aga- memnons Herrschaft neue Staaten einrichteten, besetzten diese das westliche Ufer- land der Halbinsel und gründeten unter ihrem Führer Oxylos den Staat Elis. > Da aber die Eleer sich bald immer enger an die dorischen Spartaner an¬ schlossen und diese in sich den Beruf fühlten, die in viele Stamm- und Stadt¬ gebiete zerrissene peloponnesische Halbinsel zu einigen, ward.Olympia als ein gemeinsames Bundesheiligtum eingesetzt. Zunächst schlossen die beiden Ver¬ treter von Sparta und Elis, Lykurgos und Jphitos, ein heiliges Bündnis mit¬ einander, indem sie sich für die Sicherheit des Heiligtums und für freies Geleit der zu den Festen Wallfahrenden verbürgten. In der ganzen Halbinsel wurde Waffenruhe angesagt, wenn die Zeit der Festspiele herankam. Den Eleern wurde die Verwaltung des Heiligtums übertragen und dafür ihrer Landschaft eine ewige Waffenruhe verliehen; keine bewaffnete Schar durfte ihre Grenzen überschreiten, ganz Elis war ein dem echmpischen Zeus geweihtes Land. Herakles aber, der Heros des dorischen Stammes, nach der Sage der Urheber aller Einrichtungen desselben, wurde durch die Sage auch zu Olympias Fest¬ ordner erhoben. Nach und nach stieg das Ansehen des Heiligtums, und es wurde aus einem peloponnesischen ein hellenisches. Die Hellenen zählten nach Olyinpiaden, maßen nach olympischen Stadien und schlossen sich den heiligen Gebräuchen Olympias an. Olympia war ursprünglich ein Tempelbezirk vor den Thoren Pisas. Nach der Zerstörung dieser Stadt war die Landschaft weit und breit umher nur noch in Dörfern bewohnt, die wohlhabendste und gepflegteste Gegend Griechen¬ lands, voll von Ackerfluren, Wäldern und Gärten, welche das Heiligtum ein¬ hegten. Olympia selbst bestand aus zwei scharf gesonderten Teilen, aus dem nicht geheiligten Raume und aus der Altis, dem Tempelhofe des Zeus, welcher alles Eigentum der Götter enthielt. Den Raum der Altis hatte Herakles mit seinen Schritten abgemessen, er hatte die hohe Umfangsmauer gegründet, welche alles Unheilige von der Schwelle des Zeus fernhielt. Diese Mauer zog sich auf der Abendseite am Kladeos entlang, dem platanenreichen Nebenflüsse des Alpheios; sie erstreckte sich im Süden oberhalb des Alpheiosbettes und schloß sich im Osten an das Stadium an. Nur durch ein Eingangsthor mit schimmernder Säulenhalle durften die Festzüge den Boden der Altis betreten. Trat man hinein, so hatte man gleich zur Rechten den heiligen Ölbaum, von dessen Zweigen ein Knabe mit goldenem Messer die Siegeskränze abschnitt; darum hieß er der Baum der schönen Kränze. In seinem Gehege hatte man den Nymphen einen Altar erbant, um sie durch Opfer gnädig zu erhalten, daß sie nicht ablassen möchten, mit frischem „Taue das Gedeihen des köstlichen Baumes zu Pflegen. Es war ein. wilder Ölbaum, dessen Blätter sich durch ein tieferes Grün von dem zahmen Ölbaume unterscheiden; es war der Erstling von der Pflanzung des Herakles, welcher von den schattigen Jstrosquellen her das Reis geholt haben sollte, um das noch baumlose Alpheiosthal zu schmücken. Jenseits des Kranzbaums erhob sich auf mächtigem Unterbaue der Tempel des 18*