Prinzeß Wilhelm. — Freiherr von Ztein. 149 Gottes unter dem Kreuz den Christenglauben, Geduld und Ergebung, Aus¬ dauer und Aufschwung gewirkt hat. Stein an die Prinzessin Wilhelm. Prag, den 27. Septbr. 1810. Ew. königliche Hoheit haben den Sommer mitten unter den Ihrigen in dem schönen Vaterlande zugebracht, wie sehr wurde aber dieser Genuß nicht durch den Zustand von Herab¬ würdigung und Sklaverei, in dem es sich befindet, getrübt! Wie viel mehr noch durch den Verlust, den die königliche Familie während Ihrer Entfernung traf! Sie fanden ein zartes, inniges Band, das Liebe, Schön¬ heit und Güte geknüpft hatten, zerrissen; und wer wird die Wunden heilen, wer den durch das Schicksal verfolgten, tief bekümmerten, nun ganz alleine stehenden König trösten, aufrichten? Er wird allerdings Trostgründe finden in dem religiösen Sinn, der ibn belebt, in der Liebe zu seinen Kindern, in der Erfüllung seiner Pflichten; nichts kann ihm aber die Leere aus¬ füllen, die der Verlust einer zärtlichen, treuen Freundin und Gefährtin verursacht. Gewiß wird seine Familie sich liebevoll bestreben, seinen Kummer zu lindern, und man darf ihn glücklich preisen, unter seinen An¬ hörigen eine so edle, geistreiche, fromme und zartfühlende Fürstin, wie Eure königliche Hoheit sind, zu finden. Die Prinzessin Wilhelm an Stein. Berlin, den 14. Dec. 1810. Zwei liebe Briefe von Ihnen liegen vor mir, und ich kann es selbst gar nicht begreifen, wie ich sie so lange habe unbeantwortet lassen können. Die Haupt-Ursache davon war wohl die tiefe Traurigkeit, in der ich hierher zurückkehrte; nach vier so glücklich ver¬ lebten Monaten im teuren Vaterlande mußte dieser harte Schlag mich treffen, mich zu mahnen an die Unvollkommenheit des irdischen Glücks. Sie haben auch in dieser Gelegenheit teilnehmend mein gedacht, dankbar fühlt es mein Herz, wie gut das von Ihnen war. — Hätten Sie nur dem Ihrigen ganz gefolgt, und es dem armen unglücklichen König gezeigt, wie Sie seinen großen Verlust bejammerten, es würde ihn sehr gefreut haben, und wer hätte denn schlecht genug sein können, diesen Schritt Ihnen in einem solchen Augenblick anders auslegen zu wollen, wie Sie es be¬ fürchteten? — Es thut mir wirklich recht leid, daß Sie ihm nicht ge¬ schrieben haben, weil ich Zeuge gewesen bin, wie sehr ihn solche Beweise von Anteil noch gerührt haben in seinem unendlichen Schmerz, so viel mehr wie ich gedacht hätte, daß man empfänglich sein könnte für so etwas in einer solchen Zeit. In einem Briefe läßt es sich nicht alles so auseinandersetzen, aber mündlich würde ich es Ihnen so gerne sagen, wie so alle Annehmlichkeit