156 Ludwig Uhland. 10 Dem sonst so Hohes me zu Hirne stieg. Sich heimlich forschend mit den Blicken maß: Kann's doch nach deutschem Rechte wohl geschehn. Daß, wer dem Kaiser heut den Bügel hält. Sich morgen selber in den Sattel schwingt. 15 Jetzt dachten unsre freien Männer nicht An Hub- und Hain-Gericht und Märkgeding, Wo man um Esch' und Holzteil Sprache hält; Nein! stattlich ausgerüstet zogen sie Aus allen Gauen, einzeln und geschart, 20 Ins Maienfeld hinab zur Kaiserwahl. Am schönen Rheinstrom zwischen Worms und Mainz, Wo unabsehbar sich die ebne Flur Auf beiden Ufern breitet, sammelte Der Andrang sich; die Mauern einer Stadt 25 Vermochten nicht das deutsche Volk zu fassen. Am rechten Ufer spannten ihr Gezelt Die Sachsen samt der slav'schen Nachbarschaft. Die Bayern, die Ostfranken und die Schwaben; Am linken lagerten die rhein'schen Franken, 30 Die Ober- und die Niederlothringer. So war das Mark von Deutschland hier gedrängt, Und mitten in dem Lager jeden Volks Erhub sich stolz das herzogliche Zelt. Da war ein Grüßen und ein Händeschlag, 35 Ein Austausch, ein lebendiger Verkehr! Und jeder Stamm, verschieden an Gesicht, An Wuchs und Haltung, Mundart, Sitte, Tracht, An Pferden, Rüstung, Waffenfertigkeit, Und alle doch ein großes Brüdervolk, 40 Zu gleichem Zwecke festlich hier vereint! Was jeder im besondern erst beriet, Im hüllenden Gezelt und im Gebüsch Der Jnselbnchten, mählich war's gereift Zum allgemeinen, offenen Beschluß. 45 Aus vielen wurden wenige gewählt. Und aus den wenigen erkor man zween. All beide Franken, fürstlichen Geschlechts, Erzeugt von Brüdern. Namensbrüder selbst, Kunrade, längst mit gleichem Ruhm genannt.