Geibel. — Gellert. 141 Oder dem Eigensten auch solch allverständlich Gepräge Leihn, daß jeglicher drin staunend sich selber erkennt. 14. Wirken will der Poet wie der Redner. Aber das Höchste Bleibt ihm die Schönheit doch, die er zu bilden sich sehnt. Jener behält den Erfolg im Blick stets, dieser erreicht ihn, Wenn er ihn über dem .Drang seligen Schaffens vergißt. ©cf. Werke, Bd. II. S. 120 ff.; III, S. 84 ff.; V, S. 35 ff. Christian Mrchtegott Gellert. 114. Der Prozeß. Ja, ja, Prozesse müssen sein! Gesetzt, sie wären nicht auf Erden, Wie könnt' alsdann das Mein und Dein Bestimmet und entschieden werden? 5 Das Streiten lehrt uns die Natur; Drum, Bruder, recht' und streite nur! Du siehst, man will dich übertäuben; Doch gib nicht nach, setz alles auf Und laß dem Handel seinen Lauf; io Denn Recht muß doch Recht bleiben! — — „Was sprecht Ihr, Nachbar? Dieser Rain, Der sollte, meint Ihr, Euer sein? Nein, er gehört zu meinen Hufen." „Nicht doch, Gevatter! nicht, Ihr irrt; 12 Ich will Euch zwanzig Zeugen rufen, Bon denen jeder sagen wird, Daß lange vor der Schwedenzeit —" „Gevatter, Ihr seid nicht gescheit! Versteht Ihr mich? Ich will's Euch lehren, 20 Daß Rain und Gras mir zugehören. Ich will nicht eher sanfte ruhn; Das Recht, das soll den Ausspruch tun!" So saget Kunz, schlägt in die Hand Und rückt den spitzen Hut die Quere. 22 „Ja, eh' ich diesen Rain entbehre, So meid' ich lieber Gut uud Land." Der Zorn bringt ihn zu schnellen Schritten, Er eilet nach der nahen Stadt. Allein Herr Glimpf, sein Advokat, so War kurz zuvor ins Amt geritten.