258 Schwert in der Hand, das ihm Gewalt über Leben und Tod verlieh, oder den Strick um den Hals. 13. Die für unser Gefühl so abstoßende Härte, mit der die Kaiser dem Aufschwünge der Städtefreiheit entgegentraten, um sie doch zuletzt sich gefallen zu lassen, dünkt uns entschuldbarer, wenn wir sehen, daß die Deutschen, indem sie gegen Italiener stritten, zugleich für Italiener stritten. Der nebenbuhlerische Haß der lombardischen Städte war viel schärfer und bitterer als der gemein¬ same Haß gegen die Deutschen. Gegenseitig dürsteten sie nach Vernichtung des Gegners, der ihre Rache mehr fürchtete als die Strafe des Kaisers, der manchmal fast wie ihr Werkzeug erscheint. Halten die einen es mit ihm, so stehen die andern notwendig gegen ihn, ohne daß tiefere Gründe sie treiben. Die Aussöhnung Friedrichs I. mit Mailand machte ihm sofort Cremona zur Feindin. Aber dasselbe Cremona erlebte in seinen Mauern den Triumphzug Friedrichs II. über die besiegten Mailänder. Als die deutsche Herrschaft längst dahingeschwunden war, dauerten die Kämpfe dieser beiden nach ihr benannten Parteien, der Guelfen und Ghibellinen, fort, um schließlich in Ohnmacht oder Gewaltherrschaft zu endigen. Da sehnten sich die Edleren der Nation aus diesem Gewühle der Leidenschaften nach einem gerechten Richter, wie es die besten deutschen Kaiser gewesen waren. 14. Wenden wir uns von Oberitalien nach Rom, so geraten wir auf einen neuen Schauplatz blutiger Entscheidungen. Eher als in andern Teilen Italiens regt sich hier der nationale Gegen¬ satz, der nun die ehrwürdige Gestalt des alten Nömerstolzes annimmt. Schon unter Otto I. fand eine bewaffnete Auflehnung gegen die anfgezwungene Herrschaft der Deutschen statt. Wie oft wurde seitdem der Tiber mit ihrem Blute gerötet, wie oft diente die Engelsburg als eine sichere Zuflucht und Feste, indem bald die Kaiser mit bcn Päpsten verbündet den römischen Adel demütigen wollten, bald gerade an diesem eine Stutze gegen die Päpste suchten. Wiesen auch die ersten Staufen die Anträge des römischen Volkes stolz zurück, so verschmähte es doch nachmals Ludwig der Bayer nicht, aus seinen Händen durch Wahl die herabgewürdigte Krone anzunehmen. Lothar und Heinrich VII. konnten der Gegenpartei in Rom nicht einmal die Peterskirche entreißen und mußten sich mit der Krönung im Laterans begnügen; unter Friedrich I. wäre jene säst ein Raub der Flammen geworden, und in der mit Blut besudelten Kirche selbst pflanzten die Schwaben ihr Siegeszeichen ') Lateran: päpstlicher Palast mit anstoßender Kirche im südöstlichen Rom.