175 Gegrüßt, du weite Runde, Burg auf der Felsenwand, du Land voll großer Kunde, mein grünes Vaterland! Euch möcht’ ich alles geben, und ich bin fürstlich reich, mein Herzblut und mein Leben, ihr Brüder, alles für euch! So fahrt im Morgenschimmer! Sei's Donau oder Rhein, ein rechter Strom bricht immer ins ew’ge Meer hinein! _. Joseph v. Eichendorff. 6H. Unsere Muttersprache. Unsere Sprache wurzelt in der Heidnischen Vorzeit, und der Grund¬ stock unseres Wortschatzes ist weit älter als das Christentum. Uber das Sprachgut, das uns diese heidnische Vorzeit bis aus unsere Tage vererbt hat, bezieht sich auf des Leibes Nahrung und Notdurft, auf Haus und Hof, Ucker und Vieh, Wald und $hu\ Vas Ullgemein- menschliche hat seine uralten Wortmaterialwn bis heute zumeist be¬ halten. Vas heidnische aber, d. h. alles, was mit der Religion unserer vorfahren zusammenhing, ist schonungslos hinweggefegt. Vas Christen¬ tum hat auch bedeutsame Schöpfungen des germanischen Geistes ver¬ nichtet, deren Verlust wir schwer beklagen, wir ahnen die Größe des Verlustes im Bericht der Germania des Taeitus und lernen daraus zu¬ gleich, wie unsere heidnische Religion mit Poesie und unsere heidnische Poesie mit Religion durchwoben war. vom alten Hildebrandsliede und ein paar heidnischen Zaubersprüchen abgesehen, ist kein Sprachdenkmal der vorchristlichen Zeit auf deutschem Boden zu finden. Die Umwälzung, die das Christentum in die deutschen Stämme und ihre Sprache ge¬ bracht hat, steht einzig in unserer Geschichte da. Sn der ersten Zeit der Bekehrung mußten die Missionare oft an einheimische Vorstellungen anknüpfen, va erscheinen im Rlthochdeutschen wie im Gotischen die Teufel als Unholdinnen. So ist noch heute unser Wort Hölle ein religiöser Begriff des Heidentums, auf christliche Vor¬ stellungen übertragen. Die Missionare mußten einheimisches Sprachgut zur Belehrung und Unterricht im neuen Glauben verwenden. Mochte der Gott des christlichen Evangeliums den Sieg über die heidnischen Götter davontragen — das heidnische Wort „Gott", das eine Ver¬ gangenheit von vielen Jahrhunderten hatte, behauptete sich siegreich bis auf den heutigen Tag. Man konnte nicht darauf verfallen, dafür das lateinische „deus“ aufzunehmen, wie man das lateinisch-griechische „diabolus“ als Teufel aufnahm. So wertet das Christentum alt¬ heidnische werte um und paßt das alte Sprachgut an das neue Evangelium an. Uber umgekehrt haben wir auch in unserer christlichen Rusdrucks- weise Zeugnisse für die heidnische Vorzeit. Lines der wertvollsten derart